Nackte wieder ungefährlich

Jungdemokraten kommen im Verfassungsschutzbericht nicht mehr vor. 1999 galten sie noch als „linksextremistisch“, weil sie nackt ein Bundeswehrgelöbnis gestört hatten

BERLIN taz ■ Eine einjährige Farce ist zu Ende. Die Jungdemokraten/Junge Linke (JD/JL) werden im neuen Verfassungsschutzbericht nicht mehr als „linksextremistische“ Organisation erwähnt. Zur Begründung sagte Innenminister Otto Schily (SPD), die Bedeutung der Jungdemokraten sei „nach unserer Auffassung sehr zurückgegangen“.

JD/JL sind ein unabhängiger Jugendverband mit rund 12.000 Mitgliedern und einer wechselvollen Geschichte: 1919 als Jugendverband der liberalen Deutschen Demokratischen Partei gegründet, nach dem Zweiten Weltkrieg Nachwuchsorganisation der FDP, 1982 nach der Wende zur CDU Abkehr von der FDP.

Erstmals und völlig überraschend wurden die Jungdemokraten 1999 im Bericht erwähnt. Vorgeworfen wurden ihnen vor allem „militante Störungen“ von Bundeswehr-Gelöbnissen. Gemeint war insbesondere eine Vereidigung in Berlin, bei der junge Leute nackt über den Platz rannten. „Wer pazifistisch motivierten Protest als verfassungsfeindlich kennzeichnet, der verwechselt Verfassungstreue mit Regierungstreue“, empörten sich die Jungdemokraten.

Auch Politiker aller Parteien links von der CDU protestierten. Trotzdem schien es noch vor zwei Wochen so, als würden die Jungdemokraten auch im neuen Verfassungschutzbericht erwähnt. Damit wäre die Existenz des Verbandes gefährdet gewesen, der seine Jugendarbeit zu großen Teilen aus staatlichen Mitteln bestreitet. Erst nach Intervention grüner Bundestagsabgeordneter und einer Unterlassungsklage der Jungdemokraten kam vor drei Tagen die Entwarnung. Schily sagte gestern auf Nachfrage, er habe „mehrere Zuschriften“ erhalten. „Aus grundsätzlichen Erwägungen“ wollte Schily aber nicht sagen, „welche Planungen wir zu welchem Zeitpunkt hatten.“

Die JD/JL-Vorsitzende Danielle Hermann nahm die Nichterwähnung „mit Verwunderung zur Kenntnis“. Man sei nicht gewohnt, dass das Bundesamt bereit sei, „von Diffamierungen wieder abzulassen“. Die Kritik an der Behörde habe sich damit aber nicht erledigt. „JD/JL fordern nach wie vor: Verfassungsschutz abschaffen!“ CHR/LKW