Castors Zukunft

Bis 2011 sollen 166 Behälter mit Atommüll nach Gorleben rollen

BERLIN taz ■ Dem Wendland steht ein stürmisches Jahrzehnt bevor. Denn der Castor-Transport, den die Polizei gestern nach Gorleben geleitete, war erst der Anfang einer langen Kette von Atommülllieferungen. Insgesamt 30 Transporte aus den Wiederaufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield stehen bis 2011 an. Bis 2004 sollen jährlich zwei, ab 2004 drei Transporte im Jahr ins Zwischenlager Gorleben gebracht werden, planen die Energieunternehmen.

Seit 1973 schaffen die deutschen AKW-Betreiber ihren hochradioaktiven Müll ins Ausland. Damit ist laut Atomkompromiss vom 14. 6. 2000 spätestens am 1. 7. 2005 Schluss. Dann rollen die Castoren nur noch nach Deutschland. In den Wiederaufbereitungsanlagen werden laut Bundesumweltministerium 5.200 Tonnen abgebrannte Brennelemente in Glaskokillen verschweißt und müssen zurücktransportiert werden. Bisher rollten jeweils 1995, 1996 und 1997 Transporte mit Castoren aus der Wiederaufbereitung nach Gorleben. Trittins Beamte verweisen auf eine Forsa-Umfrage vom Februar 2001, nach der 73 Prozent der Bundesbürger es für richtig halten, den Atommüll aus Frankreich zurückzunehmen. Bisher stehen 8 Castoren mit diesen Kokillen im Zwischenlager Gorleben. Insgesamt müssen 166 Castoren (127 aus La Hague, 39 aus Sellafield) nach Gorleben kommen.

Das ist für Gorleben aber noch nicht alles. Auch Behälter mit abgebrannten hochradioaktiven Brennstäben aus deutschen AKW landen im Zwischenlager. Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) werden dort aktuell zwei Anträge auf Transporte geprüft, die den Müll aus den AKW Stade und Brunsbüttel ins Wendland bringen sollen. Der Atomkompromiss sieht deshalb vor, dass an den AKW „dezentrale Zwischenlager“ errichtet werden, um die Transporte zu minimieren. Die AKW-Betreiber haben inzwischen Zwischenlager für alle Atomkraftwerke außer für Mülheim-Kärlich beantragt.

Die Transporte nach Gorleben sind wegen des immensen Polizeiaufgebots (am Schluss waren 18.200 BeamtInnen mit 2.000 Fahrzeugen und 94 Grenzschutz-Hubschraubern im Einsatz) sehr teuer. Die Kosten für den jetzigen Transport werden auf mindestens 111 Millionen Mark berechnet, wovon Niedersachsen etwa 20 Millionen Mark trägt, den Rest zahlt der Bund. Um die finanziellen und politischen Kosten bei den Transporten zu minimieren, könnten die Züge in Zukunft länger werden: Je mehr Castoren pro Transport durchkommen, desto weniger Transporte sind nötig. BERNHARD PÖTTER