Risiko bleibt, Minister auch

betr.: „Ute Vogt kann den Teufel nicht austreiben“, „Risiko bleibt Minister“, „Die goldenen Jahre sind vorbei“, „Zu Trittin verdammt“ u.a., taz vom 26. und 27. 3. 01

Diese Wahlergebnisse werden nicht das letzte Mal sein, dass die Grünen einen politischen Preis für ihr Durchprügeln der Atomtransporte zahlen werden. [...] Es kann auch für Wahlergebnisse nicht folgenlos bleiben, wenn der eher biedere BUND zur „Verhinderung“ des Castor-Transports aufruft, während die Spitzengrünen bekannt geben, gegen welche Transporte noch protestiert werden darf. JOHANNES POEHLMANN, Erlangen

[...] Ich wähle erst wieder Grün, wenn diese sich erneut mit ihrer Basis verbunden haben. Dies wird erst passieren, wenn sie in der Opposition waren. Also runter von den Rössern und die Ohren gespitzt – oder rein in SPD und CDU. Wir wollen die Zukunft unserer Kinder sichern und das können wir nur, wenn wir ehrlich zu uns selber sind und auch danach handeln. Dies gilt auch für Parteien!

JOSEF REICHENSPURNER, Triftern

[...] Wieso muss man mit den Grünen die Besitzstandswahrung wählen oder warum kann man mit den Grünen nicht die Zukunft wählen? Wie stellen sich die Grünen eigentlich die Zukunft vor? Zukunft ist unbequem, vor allem für unflexible, satte, eingerostete Wohlstandsbürger. Entwicklung tut manchmal bisschen weh.

ELKE GRÖZINGER, Arnegg

Grüne sind erfolgreich: In Paris, in Wien ... Dort haben sie genauso viel zugelegt wie die Grünen in Baden-Württemberg verloren haben. Warum? Sie haben keinen Trittin. Und vor allem: Sie haben keinen J. Fischer ...

Ernsthafter: Natürlich sind die Ursachen wesentlich differenzierter zu sehen. Parteienforscher Raschke hat dies in seinem Buch recht gut beschrieben. Aber trotzdem: Trittin steht dafür, grüne Anliegen wie den Atomausstieg schlecht zu handhaben und dann auch noch schlechte Kompromisse mit nur kleinen Teilerfolgen als Nonplusultra zu verkaufen. Seine individuelle Mischung aus Verbalradikalismus und Anpasserei verstärkt dies noch.

Fischer („Wir haben die USA nicht zu kritisieren“) steht dafür, wie jemand ein Politikfeld besetzt, das ihn zwar persönlich populär macht, seiner Partei aber nichts nützt. Populär ist er geworden, weil er in den Augen der Öffentlichkeit kein „richtiger Grüner“ mehr ist. Grüne Anliegen sind in seiner Politik kaum erkennbar. In den europäischen Visionen (Humboldt-Uni-Rede) kommen die Begriffe „sozial“ und „ökologisch“ nicht vor. Klimaschutz weltweit und Solidarität mit den Ärmsten dieser Welt (beides grüne Kernanliegen): Weitgehend Fehlanzeige bei ihm.

Andrea Fischer gebührt Respekt für ihren Rücktritt nach einer vergleichsweise kleinen Fehlleistung. Die Selbsteinschätzung, als grüne Politikerin gescheitert zu sein und deshalb den Weg frei zu machen, ist von ihren Herren Kollegen wohl derzeit nicht zu erwarten. HORST SCHIERMEYER, Zittau

Das gleiche Lamento wie überall, völlig künstlich herbeigeredet. Letztendlich ist es nicht viel mehr als die Selbstüberschätzung der Medien, die offenbar wirklich meinen, ihr Breittreten eines klitzekleinen, netten Zitats eines Bundesministers wäre wahlentscheidend und auch sonst von großem Interesse für diese Welt.

Wenig erhellend ist auch, was Professor Joachim Raschke wieder dazu meint – nein: aktuell forscht. Genauso wie in jedem Politikerinterview wird nach Belieben die Projektion von Bundespolitik auf kommunale und Landesebene unterstellt. Kann man das nicht endlich mal klären? Denn sollte sich die dahinter steckende kühne These nicht falsifizieren lassen, dürften wir uns das ganze Wahltheater künftig sparen und Kommunen, Land und Bund in einer einzigen Wahl und durch ein einziges Kreuz mit Abgeordneten, Senatoren und was es alles braucht ausstatten. Und das Schönste: wir würden nur noch alle vier Jahre mit Wahlanalysen genervt. TIMO RIEG, Bochum

Lächerlich! Es müsste heißen: Risiko bleibt, Minister auch! Das Strahlenrisiko nämlich. Wählen die Baden-WürttembergerInnen oder Rheinland-PfälzerInnen etwa nach Tagesstimmung? Sind die so blöd, sich von einer kessen oder verunglückten Äußerung eines Ministers bei ihrer Wahlentscheidung beeinflussen zu lassen? Ich denke, die Wählerinnen und Wähler haben viel kritischer und überlegter entschieden: Eine Quittung haben sie erteilt für Kosovo und die Konsenslüge! [...] FRANK MIETHING, Berlin