Bush macht dem Klima Feuer

Bundeskanzler Schröders erster Besuch bei US-Präsident Bush endet im Dissens: USA wollen Klimaschutzabkommen aufkündigen. Heftige Proteste aus Frankreich und der Schweiz. Deutschland hofft nun auf einen europäischen Alleingang

WASHINGTON/BERLIN taz ■ Im Streit mit den USA um das Treibhausgas CO2 ist Bundeskanzler Gerhard Schröder ernüchtert nach Deutschland zurückgekehrt und kann sich künftig auch einen europäischen Alleingang vorstellen. Schröder ist es bei seiner ersten Begegnung mit US-Präsident George W. Bush in Washington nicht gelungen, die USA von ihrem Plan abzubringen, das Kioto-Abkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen platzen zu lassen.

Bush hatte sich unmittelbar vor dem Gespräch mit Schröder kompromisslos gezeigt: „Wir werden nichts tun, was unserer Wirtschaft schadet.“ Für ihn stünden die Interessen des amerikanischen Volkes an erster Stelle. Daraufhin sprach Schröder von der Möglichkeit, ohne die Beteiligung der USA das Klimaschutzprogramm umzusetzen. Gleichzeitig betonte er jedoch, er wolle die USA nicht aus der Verantwortung entlassen. Deutschland ist im Juli Gastgeber der Folgekonferenz zu Kioto.

Eine ranghohe EU-Delegation unter Führung von Umweltkommissarin Margot Wallström wird an diesem Montag wegen des Klimastreits nach Washington reisen. Frankreichs Staatspräsident Chirac nannte die Politik der USA bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf „beunruhigend und inakzeptabel“. Der Schweizer Bundespräsident Leuenberger sagte: „Es gibt eine Verbindung zwischen Menschenrechten und dem Kioto-Protokoll.“ Japans Ministerpräsident Mori forderte Bush auf, seine Meinung zu ändern. China bezeichnete die US-Entscheidung als unverantwortlich.

Die politische Diskussion außerhalb der USA dürfte sich jetzt auf die Frage zuspitzen, ob ein Alleingang bei der CO2-Reduzierung sinnvoll ist. Das Protokoll muss von mindestens 55 Staaten mit einem weltweiten Emissionsanteil von 55 Prozent ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten kann. Der CO2-Ausstoß der USA beträgt 25 Prozent. Reinhard Loske, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, begrüßt die Idee des Bundeskanzlers. „Europa muss mit Japan und Russland eine gemeinsame Lösung anstreben.“ Das gehe aber nur, wenn die Bush-Regierung sich nicht destruktiv verhalte. Trotz der Aufkündigung des Kioto-Protokolls verfügt sie nach wie vor über ein Vetorecht bei den Klimaverhandlungen. „Europa muss jetzt beweisen, dass es international politisches Gewicht hat.“

Immerhin einen Lichtblick gab es gestern: Bislang ist niemand der US-Haltung gefolgt. Er betrachte „mit Freude“, erklärte gestern Umweltminister Trittin, dass Länder wie Japan, Neuseeland und Australien, die bisher stets gemeinsam mit den USA aufgetreten waren, „nun klar signalisiert haben, dass sie am Klimaziel von Kioto festhalten“.

Der Bundeskanzler ließ in Washington durchblicken, dass er mit einem Einlenken Bushs nicht mehr rechnet. Weder die deutsche noch die US-Seite machten einen Hehl aus dem offenen Konflikt. Allerdings bestritten sie den Eindruck, das persönliche Verhältnis zwischen Bush und Schröder sei angespannt. PATRIK SCHWARZ/
MATTHIAS URBACH

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