Werthebachs verdorbener Sonntag

CDU-Innensenator empört sich über Presseberichte: Die gestern offiziell vorgestellte Kriminalitätsstatistik sei mitnichten gefälscht. Innenpolitiker sind mit der Bilanz zufrieden. Grüne: Zahlen dürfen nicht für Angstkampagnen missbraucht werden

von PLUTONIA PLARRE

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) ist der Meinung, nur ihm stehe es zu, die alljährliche Kriminalitätsstatistik zu veröffentlichen. Dementsprechend groß war sein Ärger, als die Zeitungen am Wochenende mit der Präsentation der Statistik wieder einmal schneller waren. Zu allem Überdruss wurde der Innenverwaltung in den Artikeln von namentlich nicht genannten Angehörigen aus Sicherheitskreisen unterstellt, in ihrer Auflistung der Kriminalitätsentwicklung gefälschte Zahlen in Umlauf gebracht zu haben. „Das“, so Werthebach gestern, „hat mir den ganzen Sonntag verdorben.“

Es gebe keine gefälschten Daten und keine gefälschte polizeiliche Kriminalitätsstatistik, stellte Werthebach im parlamentarischen Innenausschuss gestern klar. Zwischen Januar und Oktober 2000 habe es zwar einen Programmfehler gegeben, der aber sei vollständig behoben. „Wer damit Politik macht, der beschädigt das Ansehen der Polizei.“

Wie bereits gestern berichtet wurden im Jahr 2000 insgesamt 557.000 Straftaten von der Polizei bearbeitet. Das bedeutet einen Rückgang um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit 276.706 aufgeklärten Straftaten beträgt die Aufklärungsquote 49,7 Prozent und hat damit den höchsten Wert seit 32 Jahren erreicht. Bei der Auflistung der einzelnen Deliktbereiche ist eine Abnahme von Straßen-, Gewalt- Wirtschafts- und Diebstahlskriminalität verzeichnet worden. Zugenommen haben danach Vermögens-, Fälschungs- und Rauschgiftfdelikte, organisierte Kriminalität sowie politisch motivierte Straftaten. Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten stieg von 238 (1999) auf 333 Delikte (plus 39,9 Prozent), die linksextremistisch motivierter Delikte von 749 (1999) auf 848 (plus 13,2 Prozent).

Die Abgeordenten von CDU, SPD und Grünen zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, sprach von einem „guten Zeugnis für die Berliner Polizei“ und warnte davor, die Kriminalitätsstatistik für „Angstkampagnen“ zu missbrauchen: „Den Ruf nach Videoüberwachung und längerem Polizeigewahrsam kann man nicht mit diesen Zahlen begründen.“ Die PDS bekräftigte dies.

Die Gewerkschaft der Polizei glaubt zu wissen, dass die tatsächliche Kriminalität in Berlin „zehnmal höher“ ist, als die Statistik widerspiegelt. Das „riesige Dunkelfeld“ werde von der Politik aber ausgeblendet.