Von Töchtern und Vätern

Die 16-jährige Marie Steinmann, die einen Castor stoppte, hat die Unterstützung ihres stolzen Vaters

aus Hamburg HEIKE DIERBACH

„Jeanne d’Arc des Widerstandes, Heldin oder Begriffe wie Mythos – all die Dinge, die über mich zu lesen waren, hatten nichts mit mir zu tun.“ Mit fester Stimme las Marie Steinmann diese Erklärung vor, „in der Hoffnung, dass sich der Rummel um mich und meine Familie legt“. Weil sie seit ihrer Ankettaktion im Wendland von Journalisten regelrecht belagert wird, trat die 16-Jährige gestern die Flucht nach vorne an und stellte sich in Hamburg gemeinsam mit ihrem Vater und den vier anderen Aktivisten der Presse. Die Schülerin aus Dannenberg kommt aus einer politischen Familie: Schon ihre Eltern nahmen, als sie jung waren, an Aktionen im Wendland teil, zogen schließlich aus Schleswig-Holstein in die Region, „weil wir Gefallen gefunden hatten an den Menschen und an der Art des politischen Widerstandes“, so Vater Kersten Steinmann.

„Wir leiden darunter, dass uns diese Transporte immer wieder aufgezwungen werden“, sagt seine Tochter heute. Sie habe deshalb nach einer möglichst effektiven Aktion gesucht, um diesen Transport zu stoppen. Ihr Vater versuchte ihr vorher alle Gefahren zu schildern und ihr beizubringen, dass sie der Sache vielleicht nicht gewachsen sei. Ein Verbot aber, „das hätte nicht zu uns gepasst“. Er habe dann nur noch den Weg gesehen, seine Tochter bei ihrem Vorhaben zu begleiten. Marie: „Ich hätte aber auch teilgenommen, wenn mein Vater mir die Aktion verboten hätte. Ich wollte meine Generation vertreten und zeigen: Wir machen weiter! Für unsere Zukunft und die Zukunft unserer Erde!“ Die Haltung anderer Jugendlicher, „dass man ja doch nichts machen könnte und dass es Schlimmeres auf der Welt gäbe“, macht sie traurig und wütend zugleich. Es sei ihr während der ganzen 16 Stunden, in denen sie angekettet war, gut gegangen: „In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei dem Techniktrupp des BGS bedanken.“

Mit dem Medienecho (Bild: „Du dummes Castor-Mädchen“) hatten Marie und ihre Mitstreiter nicht gerechnet. Maries Vater erwägt nun wegen „diffamierender Äußerungen“ rechtliche Schritte. In der Schule muss sich Marie zurzeit noch keinen neugierigen Fragen stellen – sie hat Ferien.

Den Journalisten präsentierte sie sich äußerst gelassen, teils sogar belustigt. Ob sie dasselbe wieder tun würde? „Dasselbe nicht, aber was Ähnliches bestimmt.“ Ihr Vater ist stolz auf sie, aber nicht wegen der Aktion. „Ich lebe seit 16 [1]/4 Jahren mit meiner Tochter. Ich war auch vor der Aktion schon stolz auf sie, einfach weil sie ist, wie sie ist.“