Grüne wollen nur eines: Ruhe

Mit einem Mal werden die seit Tagen aus der Fraktion lancierten Gerüchte über einen baldigen Rücktritt des Umweltministers Trittin abrupt für beendet erklärt. Jetzt heißt es aus dem Munde der Parteichefin Roth: Wir wollen ihn verstärkt unterstützen

von JENS KÖNIG

Die grüne Debatte um Jürgen Trittin verkehrt sich urplötzlich in ihr Gegenteil. Tagelang ist die Partei über ihren Umweltminister hergezogen, hat Gerüchte gestreut und seinen Rücktritt gefordert – aber jetzt soll mit einem Mal Schluss damit sein. „Wir wollen Ruhe haben“ bringt Parteichefin Claudia Roth das schlichte Bedürfnis der Grünen auf den Punkt.

Ob dieses Bedürfnis auf Dauer befriedigt werden kann, muss man abwarten. Aber zumindest am Montag sah es so aus, als könnte der Wunsch der Parteiführung, die Debatte um Trittin endlich zu beenden, in Erfüllung gehen. Es war der erste Tag ohne Rücktrittsforderungen und Querschüsse. Auch in den gestrigen Sitzungen von Bundesvorstand und Parteirat habe es keine Rücktrittsdiskussionen gegeben, so Roth. „Wir wollen, dass diese Gerüchte ein Ende haben“, sagt sie. Die Kritik an Trittin nach der Vertrauensabstimmung im Bundestag am Donnerstag bezeichnet die Parteivorsitzende als nicht dienlich. „Davon wird die grüne Umweltpolitik nicht besser“, sagt Roth.

Aber gerade das möchte die Parteispitze: Dass die grüne Umweltpolitik besser wird. Dass die Partei nicht über den Umweltminister, sondern über Umweltpolitik debattiert. Unumwunden gibt Roth zu, dass dies auch ein Weg ist, die Diskussionen über Trittin zu beenden. „Wir unterstützen Jürgen Trittin“, sagt sie, und als sie das Gefühl hat, das könnte zu wenig sein, fügt sie hinzu: „Wir wollen ihn verstärkt unterstützen.“ Es gebe in den nächsten Monaten eine Reihe umweltpolitischer Fragen, bei der der Minister die Unterstützung seiner Partei brauche: die Atomgesetznovelle, bei der Roth davon ausgeht, dass sie noch in diesem Jahr im Bundestag verabschiedet wird; den Ausbau der Stromerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung; die Klimakonferenz im Sommer in Bonn.

Unterstützung für Trittin? Heißt das also, dass er ein schwacher Minister ist? In diesen Tagen wird jede Formulierung grüner Spitzenpolitiker auf böse Hintergedanken abgeklopft. Also legt Roth nach: Nein, ein schwacher Minister sei Trittin nicht. Sie habe bislang auch kaum Kritik an seiner Umweltpolitik gehört. Nein, auch vom Atomkonsens rücke die Partei nicht ab. Der massive Widerstand im Wendland gegen die Castor-Transporte habe die Haltung der Grünen dazu nicht verändert.

Heute ist ein neuer Tag, unter Umständen beginnt ein neues Spiel. Die Bundestagsfraktion der Grünen tagt, und im Vorfeld war laut geworden, es könnte eine Vertrauensabstimmung über den dort wenig geliebten Umweltminister geben. Bis gestern Abend sah es allerdings nicht danach aus. Das Thema stehe nicht auf der Tagesordnung, hieß es aus der Fraktion.