Konjunkturunabhängiges Konsumklima

Gigantomane Europa-Passage verleiht der City einen Pariser Hauch  ■ Von Sven-Michael Veit

Kaum vermag Ortwin Runde sich zu entscheiden, was an dem Projekt er mehr loben soll. Dass die Europa-Passage, die der SPD-Bürgermeister gestern vorstellte, die „stadtentwicklungspolitisch erwünschte Verbindung“ herstelle zwischen Binnenalster und Mön-ckebergstraße mit „Perspektive“ via Domplatz bis in die Hafen-City. Oder dass die geplante „Flaniermeile internationales Flair“ in die Hansestadt bringe. Oder dass sie, profaner, „die strategische Antwort auf das Hamburger Wetter“ sei.

Kaum weniger wolkig lässt sich sein Geschäftspartner Wolfgang Fink ein: „Uns schwebt ein wertorientierter, tragfähiger, differenzierter und einzelhandelsorientierter Mieten-Mix vor.“ Was seiner Vermutung Rechnung tragen soll, dass „ein Zoogeschäft weniger zahlen kann als ein Edelschuhe-Hersteller aus Milano“. Fink ist Geschäftsführer der Allianz Immobilien GmbH und diese Mehrheitseignerin der Alida Grundstücksgesellschaft, welche der Hansestadt ab Herbst 2005 einen „Hauch von Paris“ zu verleihen wünscht. Für etwa 800 Millionen Mark soll auf 60.000 Quadratmetern die fünfstöckige Europa-Passage zwischen Mö und Ballindamm entstehen, „in absoluter Top-Lage“, mit „internationalem Besatz“, „überregionaler Ausstrahlung“ und „einer lichten, luftigen Piazza als neuem und wetterunabhängigem öffentlichen Platz“ inmitten der „Shopping-Mall“, gekrönt von einer gläsernen Kuppel.

Dafür wird der westliche Teil der Hermannstraße zur überdachten Ladenpassage, ohne Autos, versteht sich. Der Verkehr wird durch Paul- und Kleine Rosenstraße in die angrenzenden Parkhäuser abgeleitet. Weitere 780 Stellplätze kommen hinzu, denn die kühnen Bauherren prognostizieren 1900 Arbeitsplätze auf 21.000 Quadratmetern „repräsentativer“ Büroflächen und in 130 Läden, die mit „Erlebniseinkauf mit gehobener Gas-tronomie und Events“ jährlich mal so eben eine halbe Milliarde Mark Umsatz machen sollen.

Fast erstaunlich bei diesem Monument der Gigantomanie, dass die denkmalswürdige Ensemble-Ansicht von der Binnenalster her erhalten bleiben soll. Aber die Antwort der konjunkturunabhängigen Konsumgesellschaft auf das Hamburger Schmuddelwetter soll ja „stadtverträglich“ sein.

Für wessen Stadt wohl.