Video im Gericht

■ Ausländische Zeugen erstmals in Deutschland live per Kamera vernommen

Das Hamburger Landgericht hat gestern eine Deutschlandpremiere erlebt: Erstmals in der Justizgeschichte wurden Zeugen aus dem Ausland live per Video vernommen. Eine Großleinwand und zwei Fernsehbildschirme zeigten die Männer aus Schweden, die zu Begegnungen mit dem Angeklagten Peter Z. und zwei Mitbeschuldigten befragt wurden. Die sollen 1998 mehrere Auftragsmorde begangen haben.

Die Zeugen befanden sich während ihrer Aussage im Amtsgericht des schwedischen Helsingborg, 350 Kilometer von Hamburg entfernt. Im hiesigen Gerichtssaal hatte die Polizei eine aufwendige ISDN-Anlage installiert. Über die stellten das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten Fragen, die von einem ebenfalls im Hamburger Verhandlungssaal anwesenden Dolmetscher übersetzt wurden.

Die Männer hatten sich geweigert, zu ihrer Vernehmung nach Hamburg zu reisen. Anders als bei deutschen ZeugInnen können die Behörden niemanden aus dem Ausland zwangsweise vorführen lassen. Deshalb wäre die Alternative gewesen, dass das Gericht zur Vernehmung nach Schweden reist – was die RichterInnen, RechtsanwältInnen und einige NebenklägerInnen vergangenen Oktober bereits einmal taten. Diesmal entschied sich die Kammer jedoch für die Videokonferenz, die gesetzlich seit dem 30. April 1998 möglich ist.

Einzug in deutsche Gerichtssäle hatte die Videotechnik bisher nur bei der Vernehmung von Kindern gefunden, die sexuell missbraucht wurden oder andere Gewalterfahrungen gemacht haben. Um zu vermeiden, dass sie im Gerichtssaal eingeschüchtert und erneut traumatisiert werden, kann eine vorherige Aussage aufgenommen und im Gericht abgespielt werden. Möglich ist auch, das Kind in einem Nebenraum zu vernehmen und das Gespräch live in den Verhandlungssaal zu übertragen. Dafür gibt es im Hamburger Landgericht eigens einen Raum – der aber laut Gerichtssprecherin Sabine Westphalen noch nie genutzt worden ist.

Erst vor wenigen Tagen hatte aber eine Kammer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die frühere polizeiliche Aussage eines Kindes per Video einzuspielen. Damit wollten die Porzessbeteiligten der elfjährigen Nicolette eine erneute Vernehmung ersparen. Deren Mutter und zwei Schwestern waren vor ihren Augen von dem jetzt Angeklagten Sven B. gefesselt und erschossen worden. Elke Spanner