Jeans off

Grellbunte Knalleffekte im Bezugssystem Pop: Die norwegische Band Briskeby tritt im Knaack-Club auf

Das, das ist nun wirklich mal ein Einstieg in eine Platte: „It’s me / This is America / I declare war / On behalf of Judy Garland“, singt diese liebliche Stimme, als wollte sie selbst am liebsten Judy Garland werden. In diesem Anfang von „Jeans For Onassis“, dem Debütalbum von Briskeby, ist tatsächlich schon alles drin. Arroganz und Stil, Revolte und Kommerz, Schmerz und Melodie, kurz: Pop. Allein wegen dieser paar Zeilen, wegen dieses Einstiegs können Zoot Woman wieder heimgehen und dort vor dem Spiegel in ihren lustig bunten Disco-Krawatten posieren.

Briskeby, die sich nach einem Vorort von Oslo benannt haben, in dem keiner des Quartetts jemals gewohnt hat, passen sich formschön ein ins aktuell drohende Revival der verfluchten, grellen Eighties. Ihr Vorteil: Sie haben sich die besseren Teile der 80er-Jahre ausgesucht. Als da wären: Cure oder Orange Juice, ein bisschen Human League, viel Blondie, auch Prefab Sprout. Und: „Jeans for Onassis“ wurde in den Polar Studios in Stockholm eingespielt, wo schon Abba aufgenommen haben und die bis heute Benny Andersson gehören.

Aber: Pop ist spätestens heutzutage ein ziemlich dehnbarer, um nicht zu sagen verheizter Begriff. Deshalb waren Briskeby wohl auch kaum unfroh, dasselbe Management wie ihre bislang noch ungleich erfolgreicheren norwegischen Landsleute von A-ha zu besitzen und so bei deren Revival-Tour den Einheizer spielen zu dürfen. Spätestens hier wird dann Pop deckungsgleich mit kommerziellem Erfolg. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, aber man kann es bedauern.

„This is Propaganda“, trällert Lise Karlsnes, und kurz glaubt man, hier werde versucht, die Leichen von Scritti Politti und ihrem Chefdenker Green Gartside zumindest ein wenig zu rütteln. Oder, ein klein bisschen anspruchsloser: Garbage haben endlich Konkurrenz bekommen.

Denn Pop als Subversion, diese Idee aus den Achtzigern, die ist in ihrem Entwurf nicht übrig geblieben, darum geht es nicht bei Briskeby. Diese ersten Zeilen und einige andere sind ein Knalleffekt, nicht mehr. So im Sinne von: Das ist bunt, macht Laune und erzeugt Aufmerksamkeit. Briskeby passen zwar gut ins Bezugsystem Pop, bedienen aber zugleich doch allzu leicht Marktmechanismen. Daran sind aber auch ihre unverschämt eingängigen Melodien schuld. Aber soll man sie dafür steinigen?

THOMAS WINKLER

Heute, ab 20 Uhr, Knaack, Greifswalder Str. 224, Prenzlauer Berg