Träumer träumen weiter

CD Alaves, das aktuelle Aschenputtel des spanischen Fußballs, will im morgigen UEFA-Halbfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern seinen überraschenden Aufstieg mit No-Name-Spielern fortsetzen

aus Madrid REINER WANDLER

„Wir träumen weiter“, erklärt Miguel Angel Pascual. Der Träumer ist Generaldirektor von Deportivo Alaves und mit seiner Mannschaft mehr als zufrieden. Zwar flößt der 1. FC Kaiserslautern, am morgigen Donnerstag Gegner im Halbfinale des Uefa-Cups, den Basken Respekt ein, mehr aber auch nicht. Denn die „Namenlosen“ von CD Alaves, wie die spanische Presse das Team nennt, hat Unmögliches möglich gemacht: Noch nie zuvor ist einer spanischen Mannschaft bei ihrem ersten Auftritt im Uefa-Cup der Sprung ins Halbfinale gelungen. Auf dem Weg dorthin hat der Debütant aus der baskischen Hauptstadt Vitoria-Gasteiz immerhin Rosenborg Trondheim und Inter Mailand aus dem Turnier gekickt hat.

Kein Wunder also, dass sich in und um die Mannschaft Euphorie breit macht. „Vor elf Jahren waren wir noch in der Regionalliga, mehr brauch’ ich wohl nicht zu sagen“, erklärt Trainer Jose Manuel Esnal (51), der von den Seinen „Mane“ genannt wird. Minderwertigkeitskomplexe angesichts des ersten Spiels gegen eine deutsche Mannschaft sind ihm fremd. Und er weiß auch, dass in Kaiserslautern kein Jubel darüber ausgebrochen ist, dass die Pfälzer nun gegen Alaves spielen müssen und nicht etwa gegen den FC Barcelona oder Liverpool ran dürfen.

Die Geschichte von CD Alaves ist ein Fußballmärchen. In den 80 Jahren seines Bestehens spielte die Elf aus der baskischen Hauptstadt nur sieben Mal in der Primera Division. Der letzte Aufstieg gelang vor zwei Jahren – und nur mit Hilfe des großen baskischen Bruders Atletic de Bilbao. Ein von den Rot-Weißen gewährter günstiger Kredit rettete CD nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga vor dem Bankrott. Der Club investierte das Geld gut. Nach dem knappen Klassenerhalt in der Saison 1998/99 gelang es Trainer „Mane“, eine kompakte Mannschaft aufzubauen, die letztes Jahr Platz sechs und den Einzug in den Uefa-Cup schaffte.

Trainer Esnal stützt sich dabei vor allem auf Spieler, die sich einst schon in der zweiten Liga wacker schlugen. Denn für große Stars ist beim bescheidenen Haushalt von gerade mal 50 Millionen Mark kein Geld vorhanden; Mittelfeldspieler Jordi Cruyff ist der einzige in der Elf, der schon vor den überraschenden Erfolgen einen Namen hatte. Der Sohn der Fußballlegende Johann Cruyff erlebt bei Alaves seinen zweiten Frühling. Nach schwacher Leistung bei Manchester United läuft er bei den Basken wieder zu Bestform auf, ist Schaltstelle im Mittelfeld und immer für ein Tor gut.

Wie überhaupt das Zusammenspiel bei den Blau-Weißen stimmt. Die kompakte Abwehr stützt sich auf Oscar Tellez, der dank seiner herausragenden Leistungen vor wenigen Wochen in die spanische Nationalmannschaft berufen wurde. Was den Verteidigern entgeht, das fischt sich Torwart Martin Herrera: Kein Keeper in der spanischen Liga muss so wenig hinter sich greifen wie der Argentinier.

Außerdem ist Alaves für seine blitzschnellen Konter bekannt. Über beide Flügel geht es nach vorn, während im Zentrum der eigentliche Star der Mannschaft wartet, der Stürmer Javi Moreno. Ist der 26-jährige Valencianer erst einmal am Ball, wird es für den Gegner gefährlich. Moreno, von Trainer Mane in der dritten Liga entdeckt, ist in diesem Jahr spanischer Torschützenkönig: 18 Mal traf er und stellt damit selbst hoch dotierte Asse wie Raul von Real Madrid oder Rivaldo vom FC Barcelona in den Schatten.

Nicht zuletzt dank Moreno steht Alaves momentan auf dem achten Platz in der spanischen Liga mit Chancen, sich wieder fürs internationale Geschäft zu qualifizieren. Wenn Moreno trifft, dann kocht das Mendizorroza-Stadion mit seinen 19.200 Zuschauern, und die Baskenfahnen gehen hoch. CD ist neben Atletic de Bilbao und Real Sociedad de San Sebastian längst baskisches Nationalsymbol geworden.

„Wir werden alles versuchen. Eine solche Chance hast du nur einmal im Leben“, sagt Moreno, der mittlerweile ebenfalls von Nationaltrainer Jose Antonio Camacho berufen wurde. Sein Lieblingsgegner für das Halbfinale wäre PSV Eindhoven gewesen. „Denn Kaiserslautern ist ein komplizierter Gegner“, glaubt Moreno, träumt aber vom Finaleinzug: „Dort würde ich gerne gegen Liverpool spielen. Denn gegen einen englischen Club ist es leichter, in einem einzigen Spiel zu gewinnen.“