eine holländerin in berlin
: MIRANDA MEGENS über Warenhäuser

Stau vor dem Bienenhaus

Amsterdam, Sonntagnachmittag. Im kleinen Stadtzentrum steckt ein riesiger Stau. In den Autos sitzen schlecht gelaunte Leute. Sie alle haben nur ein Ziel: das Parkhaus von „de Bijenkorf“ (der Bienenkorb). Amsterdams bestes Kaufhaus hat jeden Sonntag geöffnet. Und diese Trottel finden es gemütlich, ausgerechnet an diesem Tag mit der Familie einzukaufen.

Weil es einen direkten Zubringer von der Autobahn zum Zentrum gibt, wählen alle Autofahrer diesen kürzesten Weg. Das kann zwar eine Stunde dauern. Aber der Warentempel wartet geduldig. Ich mag de Bijenkorf sehr, aber nicht am Sonntagnachmittag.

Im Vergleich zum KaDeWe allerdings ist de Bijenkorf ein Kinderspiel. Die größte Bijenkorf-Filiale hat zwar 16.000 Quadratmeter. Aber das ist gerade mal ein Viertel der KaDeWe-Fläche.

An meinen ersten KaDeWe-Besuch erinnere ich mich noch gut. Es war Juni 1999, ich hatte den Tag für mich allein und hatte mehrere Sehenswürdigkeiten eingeplant. Ich startete mit dem KaDeWe – und strich den Rest vom Programm. Denn am Tauentzien war zu viel zu sehen. Und das Kaufhaus war selbst für mich als Ladenbiest so groß, dass ich mich verirrte. Zum Glück gibt es dort spezielle Führungen für Touristen. Deren Leiterin bestätigt meine Erfahrung: „Ein einziger Tag reicht hier nicht. Allein für die Feinkostetage braucht man zwei Stunden.“

Da hat sie Recht. In de Bijenkorf gibt es zwar luxuriöse Torten, zwischen denen man sich nicht entscheiden kann. Aber Lebensmittel sind kein Aushängeschild von de Bijenkorf.

Wie anders im KaDeWe. Die mehr als 1.300 Käsesorten lassen selbst ein holländisches Käseköpfchen staunen. Wenn ich in der Feinkostetage umherschweife, frage ich mich, wie es möglich ist, täglich die 33.000 Artikel frisch anzubieten. „Dieses Angebot funktioniert allein mit diesem Konzept“, sagt die Touristenfühererin. „Wir brauchen die Vielfalt, denn wir sind der größte Partyzulieferer von Berlin. Und was im Laden übrig bleibt, wird in der Kantine an unsere 2.400 Mitarbeiter verkauft. Die zahlen dafür nur einen Bruchteil.“

Täglich besuchen 80.000 Kunden das Kaufhaus des Westens. Ein guter holländischer Freund – ein bekennender Kommunist – ist einer von ihnen. Jedes Jahr kommt er nach Berlin. Und jedes Jahr geht er ins KaDeWe für ein Glas Champagner und eine Portion Austern. Wahrscheinlich ist er öfter im KaDeWe als die Berliner selbst. Aber so gehört es sich für eine Metropole mit einem richtigen Kaufhaus.

Die holländische Journalistin Miranda Megens ist für sieben Woche zu Gast bei der taz. In ihren Kolumnen beschreibt sie das Leben in Berlin und Amsterdam.