Abgestandene Winde vom Lerchenberg

Lendenlahme Themen, hippes Studio: Wenn das ZDF mit seiner neuen Sendung „Frontal 21“ mal wieder auf ganz innovativ macht, lernt man alles über teure Schweine mit MKS und den Kauf von Pharmacocktails. Whow!

Ist das ZDF in der Gegenwart angekommen? Zumindest war die Landung mit „Frontal 21“ wohl dort geplant. Als kritisch und investigativ, gar unerschrocken war der Nachfolger von „Kennzeichen D“ und „Frontal“ angekündigt worden. Ein Hauch von Watergate und Barschel sollte vom Lerchenberg wehen, doch die schwachen Winde, die den Zuschauer gestern Abend erreichten, rochen eher abgestanden.

Am neuen Studio hat das sicher nicht gelegen. Im todschick abgedunkelten Raum verstrahlte ein blau leuchtendes Pult den Charme der hippsten Berliner Clubs und stand damit im bedauerlichen Gegensatz zu den morschen Themen, die der Ex-Großbritannien-Korrespondent Theo Koll anmoderieren musste. Dass in deutschen Ställen mittlerweile üblere Zustände herrschen als in den wüstesten Crackhäusern von Brooklyn, ist schlimm, aber so aktuell wie Brot vom Vortag. Da hilft auch der Selbstversuch vom Frontal-21-Team nichts. Wer eine Scheinfirma gründet, um illegale Tierarzneimittel zu bestellen, der bekommt diese auch. Whow! Die Erkenntnis, dass die Bauern die Pharmacocktails schließlich irgendwo kaufen müssen, hätte kaum einer Schülerzeitung zu journalistischen Ehren gereicht.

Da versprach der Bericht über angebliche Sexspionage doch ein ganz anderes Kaliber. Aufgeschreckt durch reißerische Vorabmeldungen vom ZDF hatte allerdings die Bild-Zeitung das eher lendenlahme Thema schon am Vortag erledigt: Ein Münchner Genlabor testet für 1.000 Mark Vaterschaften. Was für manchen eine Entlastung im Portemonnaie bedeuten könnte, ist für andere eine Gesetzeslücke beim Datenschutz. Recht in der Sache haben beide, doch ein Bericht darüber ist so wenig investigativ und unerschrocken wie die langwierige Rechnung eines Frontal-21-Reporters, wonach ein an MKS erkranktes Schwein den Staat zwei Millionen Mark kostet.

Umsonst gibt es halt nichts, auch kein neues TV-Magazin. Und Frontal 21 wird das ZDF noch einiges an Arbeit und Mühe kosten, auch wenn die erste Ausgabe nur ganz knapp die Vorgabe von 12 Prozent Marktanteil verpasst hat. ALF IHLE