Der Ball im Netz

Ein neues Portal im Internet möchte den Sportfans zeigen, wo der Ball getreten wird, ob lokal oder überregional. Vater und Vater des Projekts sind Boris Becker und Ex-RTL-Boss Helmut Thoma

von JUTTA HEESS

Am Anfang stand eine prominent besetzte Pressekonferenz am Brandenburger Tor. Wobei die Prominenz der Anwesenden eher aus früheren Tagen rührt. Extennisstar Boris Becker und der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma präsentierten im vergangenen August ein gemeinsames Projekt, in das Center Court und Mediales gleichermaßen einfließen: die Sportgate AG, das neue Sportportal und Dienstleistungsunternehmen im Internet – eine Seite, die mit Sportinformationen, Kontaktbörsen und Web-Service für Vereine vor allem Freizeitsportler ansprechen will. Und die bereits vor ihrem offiziellen Netzauftritt Börsenambitionen hegte.

„Wenn’s um Sport geht, dann Sportgate“ – der Slogan sollte sich ähnlich wie Beckers naives „Bin ich schon drin?“ einprägen. Und jetzt, nach einer halbjährigen Verspätung, ist Sportgate endlich online.

In der Zwischenzeit gab es lediglich Fehlermeldungen: Der Start wurde immer wieder verschoben, dann verabschiedete sich Helmut Thoma von dem Projekt, jetzt ist er plötzlich wieder als Vorstandsvorsitzender dabei. Schließlich drohte der mit 50 Prozent an der Sportgate AG beteiligte Becker per einstweiliger Verfügung zwei Studenten 50.000 Mark Strafe an und zwang sie damit, die Internetadresse www.sport-gate.de freizugeben. Aus Angst vor Verwechslungsgefahr. Denn das eigene Sportportal residiert unter www.sportgate.com.

Dort plumpst der Surfer nun auf einen wimbledongrasgrünen Hintergrund. Und wird von einem grinsenden Boris empfangen: „Die Mehrheit will eben nicht nur Fußball sehen“, meint er und bringt damit den Breitensportgedanken der Website auf den Punkt. Sportgate zielt auf die Masse – vor allem auf die 27 Millionen Mitglieder des deutschen Sportbundes. So werden in der Rubrik „Lokalsport“ Nachrichten und Links aus den einzelnen Landesverbänden angeboten. Dort gibt es dann aktuelle Berichte aus der Fußballregionalliga Nord oder vom Mountainbike-Rennen aus Deidesheim. Damit unterscheidet sich Sportgate immerhin von Portalen wie www.sport1.de oder www.sports.com sowie den Internetseiten von Zeitungen und TV-Anstalten – dort werden rund um die Uhr sämtliche Nachrichten aus der Welt des Sports angeboten. Bundesweite Ergebnisse, Tabellen und News im Minutentakt bietet Beckers Internet-Sportplatz mit Hilfe des Sportinformationsdienstes auch – aber mit der Berichterstattung auf Regionalebene und dem Einsatz von mehr oder weniger prominenten Online-Guides, die Links zu bestimmten Sportarten zusammenstellen, will die Sportgate AG den User noch stärker an sich binden.

Ganz besonders mit dem Angebot, den 86.000 deutschen Sportvereinen den Weg ins World Wide Web zu ebnen: Ab Mitte des Jahres können sie sich bei Sportgate das volle Service-Paket zum Bau der eigenen Homepage abholen. Man habe „das Ziel, die umfassendste deutsche Internet-Plattform zum Thema Sport zu werden“, heißt es in der Satzung. Mit diesem Ziel vor Augen spricht man auch heute schon von der künftigen Fußballübertragungen via Webcam.

Ein schöner Traum. Fragt sich bloß, wer sich das anschaut. Und ob der Sportler tatsächlich auch ein Surfer ist, der die eigene Bewegungsfreude im Netz auslebt und das wirkliche Zusammengehörigkeitsgefühl auf dem Spielfeld oder im Vereinshaus mit einem kollektiven Web-Erlebnis tauscht. In der ersten Woche war das Interesse der Internetsportgemeinde nach Aussage von Marcel Reichart, Vorstandmitglied von Sportgate, „sehr positiv“. Genaue Zahlen wolle er jedoch noch nicht preisgeben – auch keine aus dem Umsatzbereich. „Wir möchten erst einmal Erfahrungen sammeln“, vertröstet Reichart. Klingt nach hartem Training. Die Euphorie der Anfangszeit ist zumindest verblasst. Und Boris Becker verfolgte den Startschuss von Sportgate in den USA – mit sichtlicher Distanz. Bleibt abzuwarten, ob sich sein Netzangriff nicht lediglich als Netzroller entpuppt.