Mord im PKK-Mileu bestraft

Sie brachten ein kurdisches Pärchen brutal um. Doch ein Bremer Gericht verurteilt PKK-Anhänger nur wegen Totschlags. Kultureller Hintergrund strafmildernd

BREMEN taz ■ Acht Monate hat der Prozess um den Mord an einem kurdischen Liebespaar gedauert.

Gestern fiel vor dem Bremer Schwurgericht das Urteil. Danach sind drei Angeklagte aus dem Bremer PKK-Umfeld schuldig des Totschlags in zwei Fällen. Ein vierter Mann wurde wegen Beihilfe verurteilt.

Die Tat im August 1999 war als Hinrichtung ins Gerede gekommen, weil die Beziehung des Paares in der kurdischen Bevölkerung in Bremen missbilligt worden war. Zwei der Verurteilten müssen jetzt für 15 Jahre hinter Gitter. Die beiden Männer (28 und 31) haben nach Ansicht des Gerichts erst die junge Kurdin (18) im Weserschlamm erstickt und dann ihren querschnittsgelähmten Mann (23) erschlagen. Danach fuhr ein dritter Täter (35) mit dem Auto über den Wehrlosen. Dafür bekam er 13 Jahre. Wegen Beihilfe zu zweifachem Totschlag wurde ein vierter Mann (34) zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Bei ihm handelt es sich um den ehemaligen PKK-Gebietsverantwortlichen für Bremen-Nord. Er war nach Ansicht des Gerichts dabei, als ein zur Zeit flüchtiger, höherrangiger Bremer PKK-Funktionär wenige Stunden vor der Tat den Tötungsbefehl gab.

Der als Helfershelfer Verurteilte habe die Durchführung der Tat unterstützt, telefonische Anweisungen erteilt – und gegenüber den anderen Angeklagten die PKK verkörpert. Diese seien nach Ansicht des Gerichts dadurch unter Druck geraten, da die PKK ihnen einen „sektenähnlichen Schutz“ geboten habe – wofür sie Gegenleistungen schuldeten. Hätten sie sich dem Tötungsbefehl widersetzt, so hätten die Männer negative Folgen befürchten müssen. Zugleich machte das Gericht deutlich, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass der Tötungsbefehl aus der Spitze der PKK kam. Diese hatte sich von der Tat deutlich distanziert. Auch wäre der Mord dann wohl anders ausgeführt worden, so die Richter. Zu der Tat sei es vielmehr durch Verstrickung verschiedener Umstände gekommen, allerdings in einer Zeit, in der die PKK sich nach der Verhaftung ihres Chefs Abdullah Öcalan durch türkische Sicherheitsbehörden im Umbruch befand.

Bremische Kader der PKK fühlten sich zuständig für die Liebesbeziehung zwischen dem später ermordeten Paar. Der Mann galt als PKK-Kriegsmärtyrer, der niemals hätte heiraten dürfen. Und auch die Familie der Frau war gegen die Bindung.

Mit seinem Urteil blieb das Gericht hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die auf Mord plädiert hatte. Eine Verurteilung wegen Mordes schloss das Gericht aber aus, weil die Beweggründe der Täter nach deren kulturellem Verständnis nicht verwerflich seien. Während die Verurteilten das Urteil gefasst aufnahmen, weinten zahlreiche Zuschauer im Gerichtsaal. Die Anwälte mehrerer Parteien kündigten Revision an. EVA RHODE