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15 stoppen Millionen

Berliner Senat verbietet die 13. Love Parade. Gegendemonstration von Umweltschützern und Anwohnern hat Vorrang. Berlins Tourismus-Chef warnt vor erheblichem Imageverlust für Berlin

BERLIN taz ■ Berlin ist wieder Frontstadt. Doch im Jahr 2001 verlaufen die Gräben nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen den Veranstaltern des weltweit größten Technospektakels und einem Häuflein unerschrockener Naturschützer. Die 15 Aktivisten der Bürgerinitiative „Rettet den Großen Tiergarten vor der Love Parade“ haben es geschafft, den Veranstaltern der Love Parade mit ihren etwa einer Million Ravern die Route und den angestammten Termin – den zweiten Samstag im Juli durch den Großen Tiergarten – vor der Nase wegzuschnappen. Gestern gab Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) bekannt, dass die Versammlungsbehörde die Love Parade am 14. Juli im Tiergarten verbieten wird.

Die Bürgerinitiative, die zum Großteil aus Anwohnern der Love-Parade-Strecke besteht, hatte am 8. September vergangenen Jahres ihre Demonstration angemeldet, zu der sie 25.000 Teilnehmer erwartet. Die Veranstalter der Love Parade, die planetcom, kam hingegen erst am 13. Oktober aus den Technopuschen. Das Flehen und Bitten der Innenverwaltung, durch frühzeitige Anmeldung ein Debakel wie jetzt zu vermeiden, glaubten sie ignorieren zu können. Nun fühlt sich der Innensenator als Buhmann, wenn der Stadt 250 Millionen Mark, die die Raver-Gäste alljährlich in der Stadt lassen, durch die Lappen gehen. Weil Eckart Werthebach nicht daran zweifelt, dass die von der BI angegebene Zahl von 25.000 Teilnehmern stimmt, hat er zugunsten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Minderheit entschieden. Die Naturschützer sprachen gestern von einem „Etappensieg“. Die planetcom will erst den schriftlichen Bescheid abwarten, bevor sie den Gang zum Verwaltungsgericht wagt.

Nach der gestrigen Entscheidung forderte Berlins Tourismus-Chef Hanns Peter Nerger die Kontrahenten im Streit um die Love Parade auf, mit dem „Possenspiel“ um die wichtigste Veranstaltung Berlins aufzuhören. Der Geschäftsführer der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) sprach von einem „erheblichen Imageverlust“ für die Stadt. Und: „Man kann auch von einer Peinlichkeit sprechen.“

Während die Zukunft der diesjährigen Love Parade somit bei den Gerichten liegt, sind die Weichen für das nächste Jahr schon gestellt. Die planetcom hat vor kurzem die Love Parade für den zweiten Samstag im Juli 2002 angemeldet und ist damit ihrem Gegner zuvorgekommen.

B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA

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