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: Künast keult Höhn

War es die Nervosität vor dem befürchteten MKS-Ausbruch? Oder war es doch eher der wachsende Druck auf die Lichtgestalt Renate Künast, deren angekündigte Agrarwende noch immer in weiter Ferne liegt? Die Attacke der Ministerin auf ihre Partei- und Amtskollegin Bärbel Höhn war ebenso spektakulär wie selbstmörderisch. Das hat den Grünen und der Agrarpolitik gerade noch gefehlt: Die beiden Frontfrauen gehen mit der Mistgabel aufeinander los. Bauernverband, Agromafia und Tiermehlfraktion wiehern lustvoll. Die Stimmung zwischen den beiden Ministerien war schon lange schlecht. Psychologie! Es ist offensichtich, dass die beiden Damen auf dem derzeit schillerndsten Politikfeld konkurrieren. Höhn verfügt nämlich über die größere Fachkompetenz, Stadtkind Künast dagegen hat massive Probleme, die erfahrenere NRW-Ministerin einzubinden.

Es geht nicht nur um Impfen oder Totschlagen, obwohl gerade in der Seuchenpolitik die Widersprüche besonders krass sind. Es geht auch um verschiedene politische Konzepte. Höhn hat den Braintrust der kritischen Bauernschaft geschickt in ihr Ministerium integriert. Sie pflegt den Dialog mit den Köpfen der Agraropposition, sie ist beliebt bei den Bauern. Künast ist von der alten Agrarlobby umstellt. Sie hat in wenigen Wochen die Agraropposition, die ihr natürlicher Verbündeter wäre, mehrfach verprellt. Und bei der EU hat sie sich kräftige blaue Flecken geholt. Noch dazu wird neuerdings der Bauernverband wieder aufmüpfiger. Die Agrarwende stottert, der grüne Star wird langsam demontiert.

Und jetzt der Impfstreit. Künast spürt genau, dass sie zum Buhmann werden könnte. Sie weiß, dass Massentötungen wie in England bei uns nicht durchsetzbar sind. Wenn MKS kommt und es ans Tieretotschlagen geht, ist Höhn die Gute, Künast die Böse. Sie, die den Tierschutz hochhielt und die Revolution im Kuhstall versprach, deren Inthronisation ein einziges Fanal für die neue Landwirtschaft war, sie greift zur mittelalterlichen Keule, um mit Massentötungen ein Virus zu bekämpfen, gegen das ein wirksamer Impfschutz bereit liegt. Und sie bekommt dafür nicht nur von Presse, Bauernverband und Agraropposition Zunder, sondern täglich von der eigenen Parteifreundin. Dieselbe Parteifreundin Höhn traut sich selbst aber auch nicht, in Eigenregie mit Impfungen zu beginnen – was sie eigentlich könnte –, weil sie Angst vor der Reaktion aus Brüssel hat. Dass Künast in dieser Situation um sich schlägt, ist schon fast verständlich. Dennoch: ein schwerer politischer Fehler.

MANFRED KRIENER