Schröder: Faule! Arbeiten!

Es gebe kein Recht auf Faulheit, meint der Kanzler und hält Sanktionen gegen unwillige Arbeitslose für machbar. Verständnis in SPD für die Thesen Schartaus

BERLIN taz ■ In der SPD mehren sich die Anzeichen für einen Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik. Nachdem kürzlich der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Harald Schartau (SPD) für einen größeren Druck auf Arbeitslose plädiert hatte, nimmt der Kanzler selbst mit deutlichen Worten Stellung. „Es gibt kein Recht auf Faulheit“, erklärte Gerhard Schröder gestern. Wohl nicht ohne Hintergedanken verkündete er seine Unterstützung für Schartaus Idee in dem Massenblatt Bild. Wer arbeiten könne, aber nicht wolle, dürfe nicht mit Solidarität rechnen, meint Schröder.

Ähnliche Äußerungen, wenn auch in der Sache nicht so deutlich, hatte er bereits im baden-württembergischen Wahlkampf getan. In der Bild meinte Schröder nun, die Arbeitsämter sollten härter als bisher gegen Erwerbslose vorgehen, die einen Job ablehnten. Die bereits vorhandenen Möglichkeiten könnten „noch konsequenter“ genutzt werden.

Schröders Bemerkungen riefen erwartungsgemäß ein unterschiedliches Echo hervor. Während FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle gestern von einem „erstaunlichen wie begrüßenswerten Sinneswandel“ sprach, meinte PDS-Fraktionschef Roland Claus, auch der Kanzler wisse, dass sich unter den vier Millionen Arbeitslosen keine Armee von Sozialabstaubern verstecke.

Am Donnerstag hatte bereits der Bundestag, auf Antrag der PDS, über die Thesen des NRW-Ministers Schartau debattiert. Dieser nahm im Plenum selbst Stellung. In der Arbeitsmarktpolitik müsse das Prinzip von „fördern und fordern“ gelten. Im Zentrum seiner Vorschläge, die Schartau zuvor in einem Interview erläutert hatte, steht eine wesentlich frühere Beratung. Schon bei drohender Arbeitslosigkeit sollten Unternehmer und Arbeitnehmer mit den Arbeitsämtern sprechen.

Auch Sanktionen bei der Ablehnung eines Jobs hält der Minister für möglich. Künftig müsse es vorrangig darum gehen, die Menschen in neuen Stellen unterzubringen. Deutliche Worte hatte Schartau zu Auswüchsen in der Sozialhilfe gefunden. So gebe es Leute, die in ihrem Leben nichts anderes gelernt hätten, „als vom Sozialamt ihre Unterstützung abzuholen“. Solches Verhalten, schlussfolgerte Schartau, müsse genauso geächtet werden wie die Steuerhinterziehung.

Dass Schartau mit seinen Thesen schon vor der Kanzler-Intervention nicht isoliert war, hatte die Reaktion des Bundesarbeitsministeriums in der Plenardebatte gezeigt. Gerd Andres, parlamentarischer Staatssekretär, meinte, dessen Vorschläge sollten geprüft werden. Eine Modernisierung der Arbeitslosenvermittlung sei notwendig, eine „neue Balance“ zwischen sozialen Rechten und Verpflichtungen der Betroffenen daher „völlig richtig“.

Einzig Ottmar Schreiner als Chef der SPD-Arbeitnehmerorganisation AfA zeigte bislang öffentlich Bedenken. Mitte der Woche hatte er eine Verschärfung gegenwärtiger Regelungen in der Arbeitsförderung abgelehnt und davor gewarnt, den Repressionsgedanken zu stark zu betonen. SEV