Kalifornische Exsupernasen

„Irgendwie L. A.“: Jennifer Grey als sie selbst mit Mininase (Montags, Pro 7, 23.45 Uhr)

US-amerikanische Sitcoms sind nicht grundsätzlich schlecht. Sie werden nur manchmal einfach nicht verstanden. Das passiert beispielsweise, wenn zwecks Pointengewinnung der Lebenslauf eines Serienhelden mit der Vita des betreffenden Darstellers zumindest auszugsweise zur Deckung gebracht wird.

In einigen Folgen der Sitcom „Seinfeld“ bemühte sich der Komiker Jerry Seinfeld um eine eigene Fernsehserie; ähnlich brachte die außerhalb der USA wenig bekannten Hauptdarstellerin Roseanne Barr viel Biografisches in ihre Sitcom „Roseanne“ ein. In „Cybill“ verkörperte Cybill Shepard eine Hollywood-Schauspielerin, deren Karriere aus Altersgründen ins Stocken geraten war – auch hier verschwammen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, denn die heute 51-jährige Cybill Shepard hatte an ihre Erfolge mit den Kinofilmen „The Last Picture Show“ und „Taxi Driver“ nicht in gleichem Maße anknüpfen können.

Deutlicher denn je werden die persönlichen Bezüge in „Irgendwie L. A.“ herausgestellt und sind deshalb auch diesseits des Atlantiks verständlich. Die Schauspielerin Jennifer Grey tritt unter ihrem eigenen Namen auf; ihre tragikomische und zugleich wahre Geschichte wird zum Running Gag: Nachdem sie als Patrick Swayzes Tanzpartnerin in „Dirty Dancing“ Starruhm erlangt hatte, ließ sie ihre markante Nase operativ verkleinern – und bekam kaum noch Engagements, weil sie schlichtweg nicht mehr als Jennifer Grey erkannt wurde, nachdem ihr Gesicht das gleiche Schnittmuster aufwies wie die Physiognomien von Myriaden anderer chirurgisch nachgebesserter Starlets.

In „Irgendwie L. A.“ gehört Grey zu einer kleinen Clique wohlhabender Westküstenneurotiker. Robbie (Steven Eckholt) ist zu Geld gekommen, indem er jüdische Gottesdienste unter dem Titel „Pay Per Jew“ im Abonnementsfernsehen übertrug. Shrug (Evan Handler) hat ein Vermögen geerbt und deshalb ein dauerhaft schlechtes Gewissen. Neu in der Runde kapriziöser Müßiggänger ist der New Yorker Arthur (Chris Eigeman). Nach Los Angeles gekommen, um seine Vorurteile gegen das oberflächliche Westküstendasein in einem Buch zu versammeln, sieht er bald sämtliche Ressentiments bestätigt – und findet insgeheim doch Gefallen an den schrägen Gestalten der Filmmetropole.

Ein paar Kenntnisse der US-amerikanischen Medien sind von Vorteil, um den Humor dieser Serie genießen zu können. Die Parodien, beispielsweise auf dortige Newsshows und gewisse Usancen hinter den Kulissen, funktionieren halt nur, wenn man eine Vorstellung vom Vorbild hat. Manche Wortspiele und Lacher werden hingegen erst verständlich, wenn man im Geiste rückübersetzt.

Wer Steve Martins Kinofilm „L. A. Story“ mochte, bekommt hier einen Nachschlag gleichen Kalibers. Und dass die Serie die Wahrheit sagt, wenn sie die Westküstenbewohner als Sonderlinge mit Hang zur Selbstironie hinstellt, beweist der Nachspann, in dem sich eine Produktionsfirma „a not for excessive profit organization“ nennt. HARALD KELLER