Blutiges Ende einer Fahrscheinkontrolle

Ein Libanese verletzte mit einem Messer zwei BVG-Kontrolleure schwer. Tätliche Attacken gegen BVG- und Sicherheitspersonal nehmen mit verstärkten Kontrollen zu: 1999 waren es 85, im vergangenen Jahr schon 158

Blutig endete gestern eine Fahrscheinkontrolle. Als vier BVG-Angestellte gegen 6.30 Uhr einen Zug der Linie 9 auf dem Bahnhof Amrumer Straße kontrollierten, forderten sie nach Polizeiangaben einen Fahrgast auf, seine nackten Füße, die er auf die Sitzbank gelegt hatte, herunterzunehmen. Als dieser sich weigerte, wollte einer der Angestellten die Polizei rufen. Daraufhin sprang der Fahrgast auf, rammte dem 33-jährigen Kontrolleur ein Messer in die Nierengegend und stach seiner 53-jährigen Kollegin in den Hals. Ein dritter Kontrolleur konnte sich dank einer Plastikflasche in der Brusttasche vor Messerstichen schützen.

Am U-Bahn Leopoldplatz flüchtete der Täter. Ein Mann nahm die Verfolgung auf und informierte über Handy die Polizei, so dass der Täter festgenommen werden konnte. Die schwer verletzten Kontrolleure kamen ins Krankenhaus. Eine Mordkommission ermittelt. Nach Polizeiangaben handelt es sich bei dem Täter um einen 37-jährigen Libanesen ohne festen Wohnsitz, der als Drogenkonsument und wegen Körperverletzung bekannt ist. Ob er im Rausch zugestochen hat, wird die Auswertung einer Urinprobe ergeben.

Die BVG zeigte sich gestern bestürzt, warnte jedoch vor blindem Aktionismus. BVG-Sprecherin Barbara Mansfield sprach von „einem Symptom der Zeit“: „Die Leute schlagen zu.“ Sie verwies auf einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg von Kontrollen und von tätlichen Angriffen auf BVG- und Sicherheitspersonal, die mit Prellungen, Verstauchungen, Arm- oder Beinverletzungen enden. 1999 wurden 85 körperliche Attacken registriert, letztes Jahr 158 und in den ersten Monaten dieses Jahres 40. Seit Anfang 2000 macht die BVG monatlich acht bis zehn Schwerpunktkontrollen, täglich führen über 300 Mitarbeiter zwischen 70 und 120 U-Bahn-Kontrollen durch. Nach Angaben von Mansfield gab es vor einigen Jahren Überlegungen, das Personal mit Schutzwesten auszustatten. Doch diese erwiesen sich als zu schwer und zu unbequem.

Die Gewerkschaft der Polizei forderte gestern mehr Sicherheitspersonal in öffentlichen Verkehrsmitteln. „Wir können doch nicht bei jeder Kontrolle einen Polizisten dazubitten. Das würde den Rahmen sprengen“, wies die BVG-Pressesprecherin das als unrealistisch zurück. Sie verwies auf das Deeskalationstraining, mit dem das Personal seit Jahren „auf kompetente Weise“ geschult werde. Angriffe wie gestern könne man „leider Gottes nicht vermeiden“.B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA