Der falsche Buchhändler

Ein 47-Jähriger wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Er hatte Bücher im Wert von 250.000 Mark bestellt, aber nie bezahlt. Sein Laden in Berlin war nur Tarnung

Dem gelernten Elektroniker Horst B. ging es nicht gut in Polen. Seine Freundin hatte ihn verlassen, sein Radio- und Fersehgeschäft lief schlecht, er stand auf der Straße. Ab und zu ging Horst B. mit einem anderen Deutschen, Herrn W., einen trinken. Als Deutsche gemeinsam im fremden Land hatte man sich kennen gelernt. Irgendwann schlug W. seinem Bekannten ein Geschäft vor.

Als Ergebnis dieses Geschäfts wurde Horst B. gestern vom Berliner Landgericht wegen Betruges zu drei Jahre Haft verurteilt. Denn der 47-Jährige hatte als falscher Buchhändler auf der Frankfurter Buchmesse 1996 für fast 250.000 Mark Bücher bestellt.

Die Bücher orderte Horst B. angeblich für „Janosch’s Buchhandlung“ in Berlin. Die Verlage bekamen ihre Rechnungen jedoch nie bezahlt.

Denn der Angeklagte hatte die Bestellungen als Strohmann für Herrn W. und dessen Schwager unter falschem Namen unterschrieben. Zwar hatte Horst B. in Prenzlauer Berg in einem extra angemieteten Laden tatsächlich einige Bücher verkauft. Aber es sei geplant gewesen, das Geschäft nach einem Monat zu schließen, sagt der Angeklagte vor Gericht.

Er trägt heute lange graue Haare, einen Bart und eine Lederjacke. Als er erzählt, die bestellten Bücher seien fast täglich mit einem Lieferwagen nach Warburg und in einen neu eröffneten Laden in Görlitz transportiert worden, sieht er sehr müde aus.

Hintergrund dieser Transaktionen waren die Pleitegeschäfte vom W.s Schwager. In Warburg hatte der inzwischen verstorbene Schwager einige schlecht gehende Buchläden betrieben. Diese Läden waren nicht mehr beliefert worden. Darum hatte Herr W. in Polen die Verbindung zum Angeklagten geknüpft, der jetzt den Strohmann spielen sollte. Für den Einkauf auf der Messe waren Horst. B. 80.000 Mark versprochen worden.

Von dem Geld will Horst B. aber nur rund 1.000 Mark bekommen haben. Als er seinen Anteil verlangt habe, sei er von dem Auftraggeber zusammengeschlagen worden. Als der sogar noch einen Vorschlaghammer ausgepackt habe, sei er davongerannt. Horst B. flüchtete gleich bis nach Paris und lebte dort bis Ende 1999 als Clochard.

Irgendwann wollte er „aber einfach reinen Tisch machen“, sagte Horst B. gestern. Deswegen sei er nach Deutschland zurückgekehrt. In Saarbrücken bezog er unter falschem Namen Sozialhilfe, arbeitete schließlich bei einem Betrieb als Hausmeister, bevor er im letzten Sommer verhaftet wurde.

In Saarbrücken wohnt auch seine derzeitige Freundin. Die Freundin von Horst B., eine mittelalte Frau mit blond gefärbten Haaren, erzählt nach der Verhandlung, sie führen heute noch im Auto zurück nach Saarbrücken. Dort wird das Urteil vollzogen. Herr W. bleibt dagegen verschwunden. KIRSTEN KÜPPERS