Impf-Dogma lebt

Nichts Neues vom EU-Agrarministertreffen: MKS-Impfungen bleiben verboten. Herbe Kritik an Künast

ÖSTERSUND taz/dpa ■ Massentötungen! So lautet weiterhin das Rezept der EU gegen die Maul- und Klauenseuche. Flächendeckende Impfungen wird es nicht geben. Darauf einigten sich die EU-Kommission und die AgrarministerInnen der Mitgliedsländer zum Abschluss ihres Treffens im schwedischen Östersund.

Die EU-Länder akzeptierten damit im Wesentlichen den Standpunkt der Kommission, den gestern Verbraucherkommissar David Byrne mit bekannten Argumenten begründet: Eine Impfung sei unsicher, gefährde den Export und sei angesichts von mehr als 300 Millionen zu impfenden Tieren praktisch gar nicht durchführbar. Wenn die gegenwärtige „Krise“ überstanden sei, wolle man in Ruhe die Impffrage noch einmal diskutieren.

Wie wenig die AgrarministerInnen selbst an das Gelingen ihres Rezepts, die jetzige Krise erst einmal auszusitzen, glauben, zeigt sich daran, dass das Thema Impfungen für das nächste MinisterInnentreffen in zwei Wochen wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Eine Tatsache, die der niederländische Landwirtschaftsminister Laurens Jan Brinkhorst als Zeichen dafür bewertete, dass das von ihm als „Dogma“ bewertete Impfverbot deutlicher als bisher wackle: „Die Impffrage ist seit dem Verbot 1991 nie politisch diskutiert worden, sondern allein als technische und wirtschaftliche Frage.“

EU-Kommissar David Bryne machte gestern deutlich, dass auch die Kommission die Impffrage grundsätzlich neu bewerten könne, sobald es Impfstoffe mit „Markern“ gebe, die eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren ermögliche. Auf eine Entwicklung solcher Impfstoffe hofft Renate Künast bis zum Jahresende.

Die deutsche Verbraucherschutzministerin muss sich derweil heftige Kritik von EU-Agrarkommissar Franz Fischler gefallen lassen. Der wirft Künast vor, ihre Möglichkeiten zum Umsteuern in eine neue Agrarpolitik nicht auszunutzen. „Allein die Durchsetzung der bestehenden Vorschriften wäre schon ein Schritt zu einer Ökologisierung“, sagte Fischler der Wochenzeitung Die Woche. Es gebe schon jetzt die Möglichkeit, etwa die Förderung großer landwirtschaftlicher Betriebe zurückzufahren und das eingesparte Geld für Agrar-Umweltmaßnahmen auszugeben. Fischler: „Frankreich und Großbritannien nutzen die Möglichkeiten, Deutschland nicht.“ REINHARD WOLFF