schröder bei putin
: Petersburger Kaffeefahrt

Die deutsch-russischen Regierungskonsultationen verkommen zunehmend zu Kaffeefahrten mit leicht verdaulichem Kulturprogramm. In dieser Tradition steht auch das Treffen zwischen Putin und Schröder in Sankt Petersburg. Tröstlich ist dabei nur, dass auch symbolische Politik Misstrauen beseitigen kann. Die Regierungschefs haben in diesem Bereich der psychologischen Sicherheitspolitik schon im letzten Jahr Unschätzbares geleistet: Man duzt sich und schafft so die Voraussetzung, offener miteinander umzugehen. Da die Aussprache diesmal jedoch hinter verschlossenen Türen stattfindet, kann man nur hoffen, dass zur Sprache kommt, was zur Sprache kommen muss: Wladimir Putin hat Orientierungsprobleme – und im Moskauer Dunst den Weg Richtung Demokratie offenkundig aus den Augen verloren.

Kommentarvon KLAUS-HELGE DONATH

Das kann vorkommen. Nur: Vor dem Hintergrund der beinahe feindlichen Signale der neuen amerikanischen Regierung wirkt diese Entwicklung bedrohlich. Nachdem Washington sich vom alten Kontinent weiter zurückziehen will, fällt nun Europa die Last zu, die ehemalige Großmacht bei Laune zu halten. Die Hauptlast dieser Politik trägt Berlin, das in Moskau immer noch eher akzeptiert wird als die, aus russischer Sicht verwirrende, EU-Zentrale Brüssel.

Deutschland steht damit vor einer riesigen und unerfreulichen Aufgabe, die es verständlicherweise am liebsten delegieren möchte. Nicht nur, weil man gegenüber Russland seit Jahren kein Konzept findet. Auch die Russen liefern ihrerseits keine ernst zu nehmende Kooperationsgrundlage. Sie versuchen nicht einmal, deren Umrisse zu formulieren. Die Ratlosigkeit im Umgang mit Kaliningrad, das sich mit der EU-Osterweiterung zu einer russischen Exklave im europäischen Meer verwandelt, hat das in aller Deutlichkeit vorgeführt. Der russischen Außenpolitik fehlt es an konstruktiven Zügen. Sie hält zurzeit nur danach Ausschau, wo Moskau als Störfaktor wahrgenommen werden könnte, und buhlt um strategische Partner, die dem Land am Ende mehr schaden als nützen.

Dazu zählen auch die Versuche, mit Berlin gegen Washington eine Allianz zu schließen. Dass sich Deutschland durch eine engere Kooperation nicht einem Verdacht der europäischen Verbündeten aussetzen möchte, ist daher allzu verständlich. Aber es muss endlich eine „neue Ostpolitik“ formulieren, um der neuen internationalen Konstellation gerecht zu werden.

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