Scheu vorm Kapital verloren

Wirtschaft und Schule reden bei der Industrie- und Handelskammer nicht mehr über Gegensätze, sondern loten Geschäftsfelder für die Zusammenarbeit aus. 25 Partnerschaften im Sommer

von CHRISTIAN FÜLLER

Während SPD und CDU poltischen Ringelpiez spielen, um ein neues Schulgesetz zustande zu bringen, bewegen sich zwei andere Akteure der Schulpolitik mit Riesenschritten aufeinander zu: Wirtschaft und Schule. Die Industrie- und Handelskammer registrierte am Dienstagabend enormes Interesse für ihr Schulpartnerprojekt. Vor einem Jahr mit einem Pilotunternehmen gestartet, erwarten die Wirtschaftslobbyisten in diesem Sommer 25 formelle Vereinbarungen zwischen Lehranstalten und Unternehmen. Weitere Betriebe stehen Schlange, selbst die Gymnasien werden langsam neugierig, sich mit Firmen zusammenzutun.

Der Clou des Abends war die Präsentation des Partnerprojekts zwischen dem Telekommunikationsdienstleister DeTeWe und der Lina-Morgenstern-Schule in Kreuzberg. Da zeigte ein DeTeWe-Auszubildender, wie viel Energie in einer Partnerschaft stecken kann: „Das Spannendste wäre, denen etwas von unserem Haus beizubringen“, überzeugte Arne Lange 150 Unternehmer und Lehrer, „und dabei zu sehen, ob wir unsere Kommunikationslösungen so begriffen haben, dass wir sie auch den Kunden erklären und verkaufen können.“

Lange ist nicht irgendwer, sondern Personalchef – von der „Juniorenfirma“ innerhalb der Telefonwerke. Die Juniorenfirma ist auserkoren, den Kontakt zu den Schülern zu knüpfen, und das erscheint vielversprechend. Der 23-Jährige ergänzte die vielen weichen Formen der Zusammenarbeit zwischen Firmen und Schulen um einen harten Punkt: „Wenn wir Probleme mit einer IT-Frage haben, können wir uns vorstellen, auch die Schüler in die Lösungen einzubeziehen.“ Langes formeller Chef, Ausbildungsleiter Andreas Krause, bestätigte ihn sogleich. Das Unternehmen mit 2.800 Beschäftigten ist voll auf dem New-Economy-Trip – will sagen: offen für Leute mit Teamfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft.

Bei der IHK wurde, anders als noch im Herbst, nicht mehr über Berührungsängste oder die Gegensätzlichkeit der „zwei Kulturen“ gesprochen, sondern über „Geschäftsfelder“: Wo können Unternehmen und Schulen zusammenarbeiten? Dazu zählen Bewerbungstrainings für Schüler, Kulturaustausch, gemeinsame Veranstaltungen („Drogen- und Gewaltprävention“) und immer wieder Praktika – und zwar zuerst für die Lehrer. Sei es der Pharmariese Schering oder Dienstleister Gegenbauer, alle Betriebe öffnen sich auch für die Pauker. Sybille Volkholz, die Koordinatorin, machte das gar zu einem ideellen Hauptziel des IHK-Projekts: die Selbstbezogenheit der Schule aufzubrechen, indem man den geschlossenen Karrierezirkel von Lehrern Schule–Uni–Schule öffnet.

Nur über die alte Streitfrage einer Kooperation hätten sich die Unternehmer gerne ausgeschwiegen. Was ist mit Kapital, Kohle, Geld? Es ist Bestandteil beinahe jeder Koopperation. Die Unternehmen sind, so versprechen sie, also bereit, in Schulen zu investieren. „Das muss nicht immer Geld sein“, sagte Ralph Rode von Schering.