Phönix zur Asche

Wann wird aus guter Werbung zu gute Werbung? Gibt es überhaupt zu gute Werbung? Nur ein Stichwort: Moorhuhn. Jeder, der das vergangene Jahr nicht in Timbuktu oder Kasachstan verbracht hat, erinnert sich sicherlich an den größten Produktivitätskiller in deutschen Büros. Ein kleines Detail, welches vielleicht den meisten Moorhuhn-Süchtigen entgangen ist, ist die Tatsache, dass es von einer schottischen Whiskymarke in Auftrag gegeben wurde. Die Moorhuhnjagd entwickelte eine solche Eigendynamik, dass der Link zum Whisky völlig verloren ging. Was zur Frage überleitet, ob effektive Werbung zu gut sein darf.

Die Website www.requiemforadream.com verfügt über alle Ingredienzen, um als Netzkunst zu gelten. Obwohl sie eigentlich nur Promotion für den Film „Requiem for a Dream“ ist. Wenn zu Beginn auf der Einstiegsseite nicht kurz das Logo des Filmverleihs aufleuchten würde, könnte man sie mit einer jener ultrahässlichen E-Commerce-Sites verwechseln. „Do you want to lose pounds? Be admired“, steht dort in großen Lettern. Kaufe unser Produkt. Nur, je tiefer man sich in die Seite hineinklickt, desto mehr Risse bekommt sie. Sie scheint, je länger man auf ihr verweilt, immer gestörter zu werden. Bis sie auf einmal ganz zusammenbricht. Aus den Trümmern entsteht plötzlich etwas Neues, Ehrliches. Etwas, was von der schönen Fassade verdrängt wurde. Pillen und Drogen als Antidot gegen psychische Probleme. Diese Idee, dass sich hinter Masken Abgründe auftun und diese auch aufzeigen, wurde mit den Mitteln des Internets bahnbrechend adaptiert. Die Seite hat gute Chancen, mit einem Web-Award ausgezeichnet zu werden.

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