Randale nach tödlicher Verfolgungsjagd

Bürger von Cincinnati protestieren gegen den Tod eines Schwarzen. Er war von einem Polizisten erschossen worden

BERLIN taz ■ Gewaltsame Proteste seit zwei Tagen – so reagieren Einwohner der amerikanischen Großstadt Cincinnati im Bundesstaat Ohio auf die Erschießung des schwarzen Timothy Thomas am Wochenende. Die Polizei ging am Dienstag mit Hartgummigeschossen und Tränengas gegen die Demonstranten vor.

Die Demonstrationen hatten am Montag ruhig begonnen und waren im Laufe des Tages Medienberichten zufolge immer heftiger geworden. Dienstagnachmittag waren etwa 150 Demonstranten – Schwarze und Weiße – randalierend durch die Straßen der Innenstadt Cincinnatis gezogen, um ihrer Wut vor dem Rathaus Luft zu machen. Doch sie kamen dort nicht an: Die Polizei hatte das Gebäude abgeriegelt. Zu schweren Ausschreitungen und Straßenschlachten kam es auch in dem nördlichen Viertel Over-the-Rhine, in dem Thomas erschossen wurde. Der wütende Mob setzte den Marktplatz in Brand. Fensterscheiben wurden eingeworfen und Autos mit Steinen beworfen. In einzelnen Fällen kam es auch zu Plünderungen. Etwa 65 Personen wurden bei den Unruhen verletzt, 25 mussten in Krankenhäuser eingeliefert werden. Bisher wurden nach Polizeiangaben mindestens 20 Randalierer festgenommen.

Mittlerweile wurde das FBI eingeschaltet, um die genauen Umstände des Todes des 19-jährigen Timothy Thomas zu klären. Er war am Samstag vor Polizisten geflohen, die ihn wegen Vergehen wie Auto fahren ohne Führerschein und Fahren ohne Sicherheitsgurt gesucht hatten.

Nachdem die Polizisten ihn entlang mehrerer Häuserblocks verfolgt hatten, töteten sie den unbewaffneten Mann mit einem Schuss in die Brust. Ein Polizeivideo, das Aufschluss darüber geben könnte, ob Thomas, wie einer der beteiligten Polizisten behauptet, eine Waffe ziehen wollte, wird untersucht. Ein Ergebnis der FBI-Ermittlungen wird erst in mehreren Monaten erwartet.

Das Verhältnis zwischen den schwarzen Einwohnern und der Polizei ist in Cincinnati seit längerem gespannt: Seit 1995 sind insgesamt 15 Schwarze von Polizisten erschossen worden, Timothy Thomas ist der vierte seit November vergangenen Jahres.

Cincinnatis Bürgermeister Charles Luken rief die Einwohner der Stadt dazu auf, Ruhe zu bewahren, und schlug einen öffentlichen Dialog vor. Er wollte sich noch am späten Dienstagabend mit anderen Vertretern der Stadt und mit Mitgliedern der größten schwarzen Bürgerrechtsorganisation NAACP zusammensetzen, um einen Ausweg aus der Situation zu finden.

ULRIKE KLODE