Wundersame Walddörfer

Wer für einige Stunden der Großstadt entfliehen will, sollte mit dem Fahrrad in die U-Bahn steigen und nach Ohlstedt fahren  ■ Von Nikolai Wehrs

Die nordöstliche Ecke Hamburgs kennen auch altgediente Hanseaten oftmals nur vom HVV-Plan. Auf dem führt eine blaue Linie ganz nach oben bis Ohlstedt und Großhansdorf. Aber ab Farmsen ist die U-Bahn ziemlich leer. Die Walddörfer sind nicht gerade der kulturelle Mittelpunkt der Stadt. Die Wochenenden verbringen Innenstädter eher an der Elbe oder im Alten Land. Dabei sind die Walddörfer ein ideales Ausflugsziel, reiht sich hier doch ein Naturschutzgebiet an das nächste. Wer also für drei oder vier Stunden dem Großstadtlärm entfliehen will, sollte sich mit seinem Fahrrad in die U1 setzen und nach Ohlstedt fahren.

Am U-Bahnhof Ohlstedt startet unsere Tour. Für Spaziergänger schildert die Revierförsterei einen historisch-ökologischen Erlebnispfad aus. Die Radler schwingen sich dagegen auf den Sattel, fahren links die Straße Timms Hege hinunter, biegen rechts in den Kupferredder und haben schon nach wenigen Minuten das Naturschutzgebiet Wohldorfer Wald erreicht. Durch den lichten Buchenwald, dessen kleine Tümpel seltenen Pflanzen und Amphibien Schutz bieten, führen gut befahrbare Wege. Doch Vorsicht: Der Wohldorfer Wald ist ein Tollwutgebiet. Hunde sollten also im beidseitigen Interesse angeleint werden.

Auf dem Hauptweg erreicht man nach kurzer Zeit den Kupferteich, an dem in früheren Jahrhunderten eine Messingdrahtmühle in Betrieb war. Jeden Oktober wird der Stausee zum Karpfenfischen abgelassen. Ein Stück weiter geradeaus biegt der Brügkamp rechts ab. Auf dem landwirtschaftlichen Nutzweg müssen zur Zeit leider ein paar Schlaglöcher in Kauf genommen werden. Ausgebaute Radwanderwege sind in diesem Zipfel Hamburgs rar.

Dafür führt der Brügkamp schnell und direkt zum nächsten Ziel unserer Route, dem Duvenstedter Brook. Der ökologische Wert dieses grandiosen Naturschutzgebiets ist enorm. Neben Kranichen, Reihern und allerlei Raubvögeln leben hier unter anderem noch Wildschweine, Dammwild und sogar eine größere Zahl Rothirsche. Die weiten Birkenwälder eröffnen große Waldungen, auf denen Besucher – mit etwas Glück – das Wild äsen sehen können. Ornithologen sei geraten, den Duvenstedter Triftweg in Richtung Jersbek zu fahren. Ein Beobachtungsstand bei der Försterei bietet Ausblick auf eine weite Sumpflandschaft.

In der anderen Richtung führt die Straße zum Info-Haus. Dort biegt unsere Route links ab. Der Weberstieg führt quer durch die Felder zurück nach Wohldorf und mündet auf die Allee zum Wohldorfer Herrenhaus, der touristischen Attraktion des Ortes. Im Mittelalter stand auf der Insel in der gestauten Aue eine gut befestigte Burg. Alte Chroniken berichten von langwierigen Belagerungen. Später diente das auf den Ruinen errichtete Herrenhaus Hamburger Senatoren als Wochenenddomizil. Die Herren sollen auf Kosten der Bauern stets ordentlich geschlemmt haben. Heute muss auf eigene Kosten gespeist werden. Die Preise in den noblen Gaststätten gegenüber erwecken in der Tat den Eindruck einer späten Rache der Dorfbewohner. Weniger betuchte Städter sollten ein Lunchpaket mitnehmen.

Eine Brücke über den Mühlenteich führt links auf den Mühlenredder, wenig später biegt rechts der Schleusenredder ab. Um das nächste Ziel der Route zu erreichen, lässt es sich leider nicht vermeiden, kurz der viel befahrenen Hauptstraße Alsterblick zu folgen. Auf dem rechten Gehweg finden sich jedoch schnell Wegweiser zum Alsterwanderweg. Der ist auf diesem Abschnitt in einem sehr guten Zustand und lässt sich schnell und bequem in Richtung Poppenbüttel befahren.

Das ändert sich erst bei Erreichen des Naturschutzgebiets Rodenbeker Quellental. Hier wird es leider etwas haarig. Steinige Wege, Baumwurzeln und steile Hänge zwingen das ein oder andere Mal zum Absteigen. Doch die Mühsal lohnt sich. Innenstädter werden die Alster nicht wiedererkennen, die sich hier als kleiner, verschlungener Bach durch Annemonenwiesen schlängelt.

Hinter dem Rodenbeker Quellental wird der Weg wieder besser. Wer Lust und Laune hat, kann der Alster noch bis Poppenbüttel oder weiter folgen. Zurück zum Hochbahnwanderweg nach Ohlstedt dagegen gibt es eine Strecke das Rodenbeker Quellental, die zwar reizvoll, aber auch mühsam ist. Zunächst folgt die Route noch dem ausgeschilderten Weg nach Kayhude. Ab der Brücke über die Bredenbek geht sie dann aber auf kleinen Pfaden am Bach entlang.

Zwar muss das Rad hier einen guten Teil des Weges geschoben werden, aber auch als Fußmarsch lohnt sich die Strecke an der Bredenbek und, nach Überquerung des Wohldorfer Damms, am Hörndiek allemal.