Finanzspritze für Jassir Arafat

Geberkonferenz unterstützt die Palästinensische Administration mit 300 Millionen US-Dollar. Damit ist die Finanzierung für die kommenden sechs Monate gesichert

STOCKHOLM taz ■ Zumindest für ein halbes Jahr kann die Palästinensische Administration (PA) von Jassir Arafat im Westjordanland und in Gaza ÄrztInnen, LehrerInnen und anderes Personal der öffentlichen Verwaltung weiterbezahlen. Dies steht fest, nachdem sich die EU, Norwegen und Saudi-Arabien auf einer „Geberkonferenz“ am Mittwoch in Stockholm geeinigt haben, der PA einen direkten Budgetzuschuss von knapp 300 Millionen Dollar zu gewähren. Der Mammutanteil von 225 Millionen Dollar kommt aus Saudi-Arabien, Norwegen trägt mit 10 Millionen, die EU mit 52 Millionen bei.

Das müsste nach Einschätzung der Geberländer reichen, die allernotwendigsten Dienstleistungen bis Oktober zu finanzieren. Eine bedrohliche Finanzkrise war für die palästinensische Selbstverwaltung entstanden, nachdem diese seit dem Ausbruch der Al-Aqsa-Intifada im vergangenen Herbst rund die Hälfte ihrer budgetierten Einnahmen verloren hat. Außerdem hat Israel seit dem 20. Dezember 2000 alle Steuereinnahmen einbehalten, die das Land vor allem im Zusammenhang mit der Beschäftigung palästinensischer Arbeitskräfe einzieht und laut des Oslo-Abkommen von 1993 an die PA abführen müsste.

Sowohl die EU als auch die USA haben bislang erfolglos wiederholt an Israel appeliert, diese Gelder auszubezahlen. Sie belaufen sich auf knapp 150 Millionen Dollar. Dass die jetzige Geberkonferenz zu einem schnellen Beschluss über einen direkten Finanzzuschuss kam, ist vor allem der Furcht geschuldet, dass ein ansonsten drohender finanzieller Zusammenbruch der Selbstverwaltung unabsehbare Konsequenzen haben könnte.

John Hagar, Nahostchef des gastgebenden schwedischen Außenministeriums und Konferenzvorsitzender, betonte am Mittwochabend auf einer Pressekonferenz: „Wenn die PA jetzt zusammenbricht, gibt es auch keine palästinensische Administration mehr, die mit Israel verhandeln könnte. Daher ist die jetzige Finanzspritze nötig, um überhaupt die Voraussetzungen für die Wideraufnahme eines Friedensprozesses zu schaffen.“

Diese Zwänge haben wohl auch die bisherige Skepsis in der EU in den Hintergrund treten lassen, direkten Budgetzuschuss an die PA zu zahlen. Diese und Arafat waren wegen undurchsichtiger und unkontrollierbarer Geldausgabepolitik kritisiert worden. Die Finanzhilfe wurde auch nicht von der Voraussetzung besserer Einsichts- oder Kontrollmöglichkeiten abhängig gemacht.

In einer gemeinsamen Erklärung betonen die Geberländer lediglich die Notwendigkeit „offener Buchführung“. Der spezielle Beauftragte der UN für den Nahen Osten, der norwegische Diplomat Terje Rod Larsen betonte, man könne auch nicht allzu hohe derartige Forderungen stellen, wenn es jetzt primär darum gehe, die Existenz der PA zu retten: „Ich begrüße jedenfalls das jüngste Versprechen des palästinensischen Finanzministers, harte Sparmaßnahmen einzuleiten. Hat das Erfolg, werden die Geberländer auch künftig keine Bedenken haben, Geldspritzen zu geben.“ REINHARD WOLFF