Kabila jr. exportiert den Krieg

Während im Kongo der Frieden hält, heizt die Regierung Kabila den Bürgerkrieg im benachbarten Burundi an. UN-Quellen berichten von geplanter Großoffensive auf Burundis Hauptstadt. Südafrikanische Vermittlungsversuche sind bisher erfolglos

von DOMINIC JOHNSON

Der Machtkampf im Afrika der Großen Seen ist dabei, sich von den UN-überwachten Kriegsfronten der Demokratischen Republik Kongo in das östliche Nachbarland Burundi zu verlagern. In dem Land, wo seit 1993 Bürgerkrieg zwischen Tutsi-Militär und Hutu-Rebellengruppen herrscht, toben die heftigsten Kämpfe seit Jahren. Seit 1993 hat der Krieg bereits über 250.000 Tote gefordert und ein Achtel der sieben Millionen Einwohner zu Flüchtlingen gemacht.

Noch nie waren nach Ansicht von Experten die Hutu-Rebellen so stark wie heute. Sie eroberten Ende Februar kurzzeitig Teile der burundischen Hauptstadt Bujumbura, greifen derzeit Burundis zweitgrößte Stadt Gitega an und haben Burundis wichtigste Überlandstromleitung gekappt. Grund für ihre Schlagkraft ist die Unterstützung, die sie bis heute von der Regierung im Kongo erhalten – unter dem ermordeten Präsidenten Laurent Kabila ebenso wie von seinem Sohn und Nachfolger Joseph Kabila.

Die größte Rebellengruppe FDD (Front zur Verteidigung der Demokratie) unter Jean-Bosco Ngendakengurukiye hat ihr Hauptquartier im kongolesischen Lubumbashi, zweitgrößte Stadt des von Kongos Regierung gehaltenen Landesdrittels. Die FNL (Partei zur Befreiung des Hutu-Volkes/Nationale Befreiungsfront), die von christlichen Fundamentalisten geführt wird, hat in jüngster Zeit auch im Kongo Zuflucht gefunden.

Diese Woche trafen sich nach Angaben der UN-Nachrichtenagentur IRIN die Führungen der beiden Bewegungen in Lubumbashi, um Planungen für eine Großoffensive auf Burundis Hauptstadt Bujumbura abzuschließen. „10.000 Rebellen sind zum Einrücken in Burundi bereit“, zitierte IRIN Quellen aus Burundi, die Kabila dafür verantwortlich machen.

Bujumbura liegt direkt an der Grenze zum Kongo. Diesen Teil des Kongo beherrscht nominell die von Ruanda unterstützte kongolesische Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), aber die RCD hat hier weite Landstriche an Milizen verloren. Neben den „Mayi-Mayi“ – kongolesische Stammesmilizen, die Kabila für einen Teil seiner Regierungsarmee hält – sind dies ruandische Hutu-Milizen und die burundischen Hutu-Rebellen. Sie alle gehören laut dem geltenden Friedensplan für den Kongo zu den „negativen Kräften“, die eigentlich entwaffnet werden sollen.

Burundische Tutsi-Organisationen behaupten, die Hutu-Rebellen hätten bei der größten ostkongolesischen Stadt Bukavu neun Bataillone zusammengestellt und kontrollierten den Flughafen Kilengwe, wo sie per Luftabwurf Nachschub von Kongos Regierung erhielten. Laut kongolesischen Presseberichten eroberten außerdem vor einer Woche Mayi-Mayi-Milizen die ostkongolesischen Hafenstädte Fizi und Baraka von der RCD. Diese Städte liegen am Tanganyika-See, der Kongo auf der Westseite von Burundi und Tansania auf der Ostseite trennt und über den ein reger Waffen- und Rebellenverkehr läuft. Weiter südlich, in der Stadt Kalemie, sind zwar neuerdings UN-Blauhelme stationiert, aber da das Straßennetz der Gegend völlig zerstört ist, kriegen sie nichts mit.

Die neuen Kämpfe haben den Friedensprozess in Burundi, der im August 2000 mit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens im tansanischen Arusha durch alle Parteien des Landes begonnen hatte, in ernste Schwierigkeiten gebracht. Burundis Regierung unter dem Tutsi-Major Pierre Buyoya lehnt die vorgesehene Einsetzung einer Allparteienregierung ab, solange FDD und FNL keinen Waffenstillstand unterzeichnen. Bemühungen dazu unternimmt die Regierung Südafrikas, dessen Expräsident Nelson Mandela das Arusha-Friedensabkommen ausgehandelt hatte.

Südafrika hat die Schlüsselrolle des Kongo im Burundi-Konflikt erkannt und arbeitet daran, Kongos Präsident Joseph Kabila zu Gesprächen mit Burundis Kriegsparteien einzuladen. Alle Bemühungen hierzu sind jedoch bislang gescheitert. Auch von anderen positiven Schritten, die sich die internationale Gemeinschaft von Kabila erhofft, ist bisher wenig zu sehen. Seit der Entlassung seines Kabinetts am 4. April regiert der Präsident faktisch allein mit seinen ausländischen Unterstützern Simbabwe und Angola. Die am 5. April in Deutschland verkündete Ernennung einer neuen Regierungsmannschaft „innerhalb einer Woche“ ist bisher nicht erfolgt.