Ein Osterei von Künast

Verbraucherschutzministerin für früheres Verbot der konventionellen Hühner-Legebatterien. Im taz-Interview kündigt sie die Einführung zweier Ökosiegel für Lebensmittel bis zum Sommer an

BERLIN taz ■ Rechtzeitig zu Ostern hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) den deutschen Hühnern ein früheres Ende ihrer Qualen versprochen. Konventionelle Legebatterien sollen bereits Anfang 2007 und nicht erst 2011 verboten werden. Käfige mit ein wenig mehr Spielraum sollen nur noch bis 2011 statt wie bisher geplant bis 2021 erlaubt sein und neue Legebatterien ab sofort nicht mehr genehmigt werden. Diese Verschärfungen sind zentraler Bestandteil der neuen „Hennenhaltungsverordnung“, die Künast jetzt ins Kabinett einbringt. Das bestätigte der taz der Staatssekretär im Verbraucherministerium, Alexander Müller.

Grundlage der Verschärfung ist ein juristisches Gutachten der Uni Trier. Darin wird geklärt, dass die kürzeren Fristen kein „enteignungsgleicher Eingriff“ in die Rechte der Besitzer von Legebatterien darstellten, also den Staat nicht zu Schadenersatz verpflichteten. „Wir können damit den Ausstieg aus der Käfighaltung beschleunigen“, so Müller.

Dieser Ausstieg war vom Bundesverfassungsgericht bereits 1999 gefordert worden. Die neue Verordnung, nach der dann spätestens in zehn Jahren alle Hühner in Deutschland in großen Käfigen (Volieren), am Boden oder im Freiland gehalten werden müssen, soll jetzt mit den anderen Ressorts abgestimmt werden und bis zum Herbst den Bundesrat passiert haben.

Mit der Verordnung beginne das „entscheidende Zusammenspiel zwischen Politik und Verbraucher“, sagte Müller. Denn die Kunden hätten es nach einer Kennzeichnung der Lebensmittel in der Hand, Qualität aus artgerechter Tierhaltung zu kaufen und nicht die billigen Importeier aus Legebatterien.

„80 Prozent der Verbraucher sind gegen Käfighaltung“, sagte Renate Künast im taz-Interview. „Aber nur 20 Prozent greifen zu den ,glücklichen‘, aber teureren Eiern.“ Um den Kunden die Orientierung zu erleichtern, will Künast bis zum Sommer 2001 in Deutschland zwei staatlich organisierte Gütesiegel für Lebensmittel einführen. Das Ökosiegel werde sich an die entsprechenden EU-Label anlehnen. Für konventionelle Lebensmittel solle es ein „Premium“-Siegel geben, das sich an „besserer Fütterung, Haltung oder Behandlung“ von Tieren orientiere. Die Kriterien sollten so erreichbar sein, dass „die Gruppe, die mitgeht, möglichst groß ist und größer wird“, sagte Künast.

Bis zum Juni will Künast auch die deutschen Finanzmittel für ihre Agrarwende festschreiben. Ein „Plan für die Gemeinschaftsaufgabe Agrarpolitik und Küstenschutz 2002“ solle „schon alle Aspekte des Neuen“ beinhalten. Die Bauern könnten dann „rechtzeitig wissen, was auf sie zukommt“, sagte die Ministerin.

Ab 2002 werde Deutschland auch EU-Gelder für ökologische Zwecke und die Landschaftspflege einsetzen, erklärte Künast. „Wir werden das Mittel der so genannten Modulation nutzen.“ Von dieser Möglichkeit zur Förderung des Ökolandbaus macht Deutschland bisher keinen Gebrauch. Für einen Kurswechsel in der europäischen Agrarpolitik brauche sie „mindestens bis Mai nächsten Jahres Atem“, erklärte die Ministerin. Dann seien Wahlen in Frankreich, einem der Hauptentnehmer aus den Töpfen der Europäischen Union.

BERNHARD PÖTTER

interview SEITEN 4 und 5