So was von entspannt...

Die Slackers brillierten im Lagerhaus

Es war eigentlich klar, dass es voll werden würde. Schon im Februar vor zwei Jahren, als die Slackers aus New York im Magazinkeller spielten, sorgte die Menge an Publikum dafür, dass drinnen die Kälte draußen in Vergessenheit geriet. So geschah es auch dieses Mal. Aber das ist nun mal bei einem vollen Saal auch nicht weiter verwunderlich. Das Besondere an den Slackers lässt sich nicht so leicht erklären, wie die Temperaturverhältnisse. Aber zumindest mit einem Vergleich lassen sich die besonderen Fähigkeiten dieser Herren veranschaulichen. Den Vergleich bekam das Publikum frei Haus: Vor den Slackers spielten Marshall Braveska, die diesen Auftritt zu ihrem letzten erklärten und mit diesem zumindest den anwesenden Freundeskreis bestens unterhielten. Dass sie leicht verstimmt waren, dass ein paar Übergänge und Tempowechsel daneben gingen, das war zweitrangig. Ihren Spaß hatten sie jedenfalls.

Die sieben „Slackers“ hingegen hatten zwar allem Anschein nach auch ihren Spaß, machten vor allem aber bereits mit den ersten Tönen klar, dass sie in einer anderen Liga spielen. Da stimmte einfach alles, von den perfekten Bläsersätzen und den perfekten Chören über die Soli, die sich nicht selten ganz locker über die musikalischen Vorgaben hinwegsetzten, bis hin zu der Lässigkeit, mit der die Slackers auf das jamaikanische Erbe zwischen Rocksteady, Ska, Dub und Reggae Dub zurückgriffen, ohne sich bereits damit zu begnügen. Wenn sie improvisierten, schimmerte die Fähigkeit der Musiker auf, nach Belieben Jazz, Soul oder Country in ihr Spiel zu integrieren, wobei sie eine weit verbreitete, ganz unangenehme Mode glücklicherweise nicht mitmachen, nämlich ihre Musik mit Punkrock zu versetzen, was erfahrungsgemäß meist weder dem einen noch dem anderen Bestandteil gut tut. Und weil es gewiss eine nette Sache sein kann, technischen Virtuosen zuzuschauen, es das aber eben auch nicht immer ist, wenn sonst nichts kommt, war es umso erfreulicher, dass die Slackers eben kraft perfekter Beherrschung des musikalischen Vokabulars vor allem großartige Musik jenseits puristischer Korinthenkackerei spielten und damit ganz extrem entspannte Vibrationen verbreiteten. Es ließ sich zu ihrer Musik ebensogut tanzen, wie man einfach nur am Tresen stehen und kühle Getränke zu sich nehmen konnte. Man konnte sogar ein kleines Schwätzchen halten, weil die Slackers ihre Wirkung nicht über Lautstärke herstellten. Tiefenwirkung, eine sanfte Massage der Synapsen war da viel wichtiger. Dazu muss man zwar wahrscheinlich nicht notwendig Ganja rauchen, aber es ist zu vermuten, dass so was dabei ungemein hilfreich ist.

Es schien jedenfalls, sie hätten noch ein paar Stunden spielen können, vielleicht sogar wollen – es gab immerhin noch eine außerplanmäßige Zugabe –, was im Lagerhaus leider nicht so einfach ist, wegen der Nachbarn. Und es wäre auch schön gewesen. Diese Herrschaften verbreiteten schließlich einen Flow, der von fern an andere Methoden der Erzeugung jamaikanischer Musik erinnert, wie die der Soundsystems, die dort über die Lande fahren und vor allem dafür da sind, dass die Leute ganz zuvorderst tanzen und sich nicht so sehr am Absingen von Hits delektieren, wie das auf Pop-Konzerten eben so üblich ist. Vor allem das machte den Auftritt der Slackers zu einem Vergnügen der besonderen Art. Die ständige Weiterentwicklung ihrer musikalischen Mixtur, die auch auf ihren Alben zu bemerken ist, berechtigt zu den schönsten Hoffnungen, dass da noch einiges auf uns zu kommt. AS