Halbvolle Flasche halb leer

■ Wenn Zahlen doch nur „Quatsch“ sein sollen: Neue Diskussion um noch unveröffentlichte Kriminalstatistik entbrannt

Bei 50 Prozent Inhalt ist für die einen die Flasche noch halb voll, für die anderen aber schon halb leer. Beide haben Recht. Ein ähnlicher Streit ist um die Bewertung einer noch unveröffentlichten Statis-tik des Bundeskriminalamtes entbrannt, aus der Details am Wochenende bekannt wurden. Für die Hamburger Innenbehörde herrscht in der Elbmetropole mit 16.675 registrierten Straftaten pro 100.000 EinwohnerInnen noch eine „stabile Sicherheitslage“, nach Ansicht der Opposition ist „Hamburg die gefährlichste Stadt Deutschlands“.

Für CDU, FDP und Schill-Partei kommt die Steilpassvorlage aus dem Bundesinnenminsterium für ihr Wahlkampfthema Innere Sicherheit zur rechten Zeit. Wenige Wochen nach der Vorlage der Hamburger Kriminalitätsstatistik, aus der Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) bei einem Anstieg der Verbrechensfälle um 0,8 Prozent und einer Aufklärungsrate von 43,4 Prozent keine dramatischen Entwicklungen zu ersehen vermochte, sieht CDU-Landeschef Dirk Fischer eine „fahrlässige Gefährdung der Hamburger Bürger“. Das sei auch die Schuld von SPD-Senatschef Ortwin Runde: „Der Spitzenplatz bei der Zahl der Straftaten, kombiniert mit der miserablen Aufklärungsquote, ist ein Schlag ins Gesicht des Bürgermeisters.“

„Eine Bewertung der Sicherheitslage anhand des Zahlenmaterials ist völliger Quatsch,“ wehrt Behördensprecher Christoph Holstein ab. Da Straftaten nur auf Länderebene erhoben werden, „führt dies dazu, dass die Stadtstaaten Hamburg, Berlin, Bremen immer vorne stehen“, sagt Holstein. „In Metropolen gibt es nun mal Straftaten, die es auf dem Dorf nicht gibt.“ So falle Schwarzfahren oder Kreditkartenbetrug statistisch genauso ins Gewicht wie Vergewaltigung oder Mord. Holstein: „Im Vergleich zu andern Metropolen steht Hamburg nicht schlechter da.“

Die Gewerkschaft der Polizei in der Hansestadt versuchte gestern, daraus Kapital zu schlagen. Ihr Chef Konrad Freiberg macht vor allem den Personalabbau bei der Polizei seit 1994 dafür verantwortlich, dass Hamburg noch immer eine Spitzenposition hat. Mit den ehemals 800 Stellen mehr hatte ihn die Elbmetropole – statistisch gesehen – aber auch. kva