Aufbauhilfe für bosnische Kinder stecken geblieben

■ Bremens Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe wirbt um Hilfsgelder / Mütter- und Säuglingssterblichkeit ist in Bosnien alarmierend – es ist die höchste in Europa

Am Osterwochende war Bremens Frauenbeauftragte Ulrrike Hauffe in Bosnien, um dort den ersten Hebammenkongress zu moderieren – ein Ergebnis internationaler Entwicklungszusammenarbeit, die Lücken im kriegsbedingt zusammengebrochenen Gesundheitssystem füllen soll. Trägerin der Initiative ist der Verein „Fenix“.

taz: Viele BosnierInnen haben Deutschland inzwischen verlassen – weshalb hier viele glauben, dass in Bosnien inzwischen schon alles wieder halbwegs läuft. Sie waren jetzt dort im Rahmen des ersten bosnischen Hebammenkongresses dort. Was haben Sie dort gesehen?

Ulrike Hauffe: Angesichts des Kosovo-Krieges muss man sagen, Bosnien ist das vergessene Land. Echte Aufbauhilfe liegt brach. Es gibt generell keine adäquate Gesundheitsversorgung, stattdessen blüht ein privatisiertes Gesundheitswesen. Viele qualifizierte Mediziner ziehen sich aus dem staatlichen Gesundheitswesen heraus, dem deshalb jetzt Fachlichkeit fehlt. Zugleich sieht man aber neue Straßen, teilaufgebaute Häuser, alle mit Nutzgärten – und nach wie vor viele Flüchtlinge, sich immer noch nicht endgültig niedergelassen haben und auch entsprechend leben. In Sanski Most, wo der Kongress stattfand, und wo Fenix operiert, sind 67 Prozent der Bevölkerung Flüchtlinge, 90 Prozent der Menschen sind arbeitslos.

Was bringt die Bremer Frauenbeauftragte dorthin?

Man hat mich als Vize-Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe gebeten, den international besetzten Kongress zu moderieren. Erst als ich dort war, habe ich auch einen beeindruckenden Bremen-Bezug festgestellt. Natürlich kennt jeder dort den Namen Hans Koschnick; als ich ihn erwähnt habe, haben die 120 Teilnehmenden spontan geklatscht. Außerdem hat die Bremer Arbeiterwohlfahrt dort Häuser gebaut, die zurückgekehrten Familien geschenkt wurden.

Ist die Lage der Frauen vor dem Hintergrund der insgesamt angespannten Situation besonders schlimm?

Die Lage ist für alle schlimm. Enorm viele Menschen sind arbeitslos. Aber das beispielhafte Projekt Fenix, schafft auch Arbeitsplätze. Es wurde von drei Frauen gegründet, die als Flüchtlinge in Berlin, München und Syke waren und jetzt in Bosnien ein tolles Versorgungsprojekt entwickelt haben: Sie beschäftigen Fachkräfte für die medizinische Versorgung von schwangeren Frauen, Müttern und Kindern und gewährleisten zugleich Familienbildung. Außerdem gibt es eine Wäscherei und eine Näherei ist in Gründung.

Angefangen hat es aber als kleines, sachbezogenes Mutter-Kind-Projekt ...

... das mittlerweile auf verschiedenen Säulen fußt, begleitet übrigens von der Berliner Soziologin Hanne Beitl, die vor 20 Jahren die Geburtshäuser nach Deutschland gebracht hat und von Steffi Struthmann, einer der bekanntesten deutschen Haushebammen.

Interessant ist ja, dass es ein solches Projekt, das heute medizinische Versorgung und Hebammenwesen kombiniert, in Bosnien vor dem Krieg gar nicht gegeben hat.

Ja, zuvor gab es allerdings ein staatliches Gesundheitssystem, in dem die Frauen kostenlose medizinische Hilfe bekamen. Heute fehlen an vielen Stellen Medikamente und Geräte, in diese Bereiche fließt kaum Geld. Manche Städte haben zwar Kliniken, die auf westlichem Standard arbeiten – aber die sind nur zugänglich für Leute, die privat bezahlen. In Sanski Most dagegen liegen die schwangeren Frauen teilweise zu zweit in einem Bett – und wenn ein Kaiserschnitt gemacht werden muss, dann müssen sie 120 Kilometer in die nächste Klinik in Bihac gefahren werden, weil es in Sanski Most keine Anästhesie-Einheit gibt. Da liegt die hohe Säuglingssterblichkeit auf der Hand – von Mangelernährung und anderem ganz zu schweigen. Deshalb muss vor allem politisch geholfen werden: für den Aufbau eines wirklich gerechten Gesundheitswesens. Daran arbeitet Fenix – aber vieles davon ist nur über Spenden möglich.

Wird das Projekt in absehbarer Zeit auch funktionieren können ohne solche Hilfen?

Das sehe ich zurzeit nicht. Ich kann allerdings sagen, dass jede Mark Spende in die richtigen Kanäle kommt. Fragen: ede

Sonderkto Bosnien, Pbk Berlin, BLZ 100 100 10, Kto 8391 191-103