Gasprom entlässt kritische Reporter

MOSKAU afp/dpa/rtr ■ Drei Tage nach der Übernahme des letzten russischen Privatfernsehsenders NTW durch den Gaskonzern Gasprom hat das Energieunternehmen die liberale Tageszeitung Sewodnia eingestellt. Die gesamte Belegschaft wurde für zwei Monate in den Urlaub geschickt, die bereits fertige Dienstagsausgabe auf Anweisung des Verlages nicht verteilt. Gasprom veranlasste zudem die Entlassung sämtlicher Journalisten des regierungskritischen Nachrichtenmagazins Itogi, das eng mit der US-Zeitschrift Newsweek zusammenarbeit. Sewodnia und Igitoi gehören wie der Fernsehsender NTW zum zerfallenden Konzern Media-Most von Wladimir Gussinski, bei dem inzwischen die Gasprom die Mehrheiten hält. Gussinski wirft der Regierung vor, über das halbstaatliche Gasunternehmen die Pressefreiheit in Russland zu untergraben. Die Regierung hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Bereits am 3. April hatte Gasprom unter Berufung auf seine faktische Aktienmehrheit an NTW eine Hauptversammlung einberufen und den Vorstand des Senders ausgewechselt. Die Belegschaft bezeichnete dies als illegal, zehntausende Menschen protestierten. Im Mai will sich ein Gericht mit dem Vorgang befassen. Der US-Milliardär Ted Turner will nach dem Wechsel an der Spitze des bisher unabhängigen russischen Fernsehsenders NTW sein Kaufangebot nochmals überdenken. Sein Sprecher sagte am Montag in New York, der frühere Medien-Magnat sei von der jüngsten Entwicklung bei NTW „sehr enttäuscht.“