Israel besetzt Nord-Gaza

Ministerpräsident Scharon schickt Panzer in den Gaza-Streifen. Armee will bleiben, bis Anschläge auf Israel aufhören. Schwere Angriffe. Arafats Minister Nabil Schaath: „Wiederbesetzung“

BERLIN taz ■ Einen Tag nach der Zerstörung einer syrischen Radarstation im Libanon hat der israelische Regierungschef Ariel Scharon auch die Konfrontation mit den Palästinensern weiter verschärft. Nachdem am Montagabend die Ortschaft Sderot vom Gaza-Streifen aus mit Mörsergranaten beschossen worden war, drangen in der Nacht israelische Panzer nördlich von Gaza in autonomes palästinensisches Gebiet ein und walzten bei dem Dorf Beit Hanoun palästinensische Grenzposten nieder. Unterstützt wurden sie durch die Marine und Luftwaffe. Es waren die schwersten Angriffe seit Beginn der Intifada. Israelische Soldaten blockierten mehrere Hauptstraßen, der Gaza-Streifen wurde so in drei Teile geteilt.

Bei der „Einnahme“ von Beit Hanoun wurden zwei Palästinenser getötet. Ein Opfer war ein 14-jähriges Kind. Die Panzertruppen besetzten einen 800 Meter breiten Streifen. Ein Sprecher erklärte, die Armee würde „ein paar Tage“ oder „ein paar Tage mehr“ bleiben, jedenfalls so lange, bis der Beschuss Israels aus dem Gaza-Streifen heraus ein Ende nehme. Es ist die erste Besetzung palästinensischen Territoriums, seit Israel Gaza 1994 geräumt hat. Der palästinensische Planungschef Nabil Schaath sprach von einer „Wiederbesetzung des Gaza-Streifens“.

Ägyptens Präsident Mubarak erklärte nach einem Gespräch mit Palästinenser-Präsident Arafat in Kairo, er sehe in naher Zukunft keine Möglichkeit für die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen. Auch in Syrien wächst die Kritik. Die staatliche Zeitung Tischrin sprach von einer neuen Ära der „Provokation, des Extremismus und des Rassismus, angeführt vom Terroristen Scharon“. Die syrische Muslimbrüderschaft rief die Bevölkerung in einer Erklärung zum Widerstand gegen die Israelis auf den Golan-Höhen auf. ANT

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