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: Licht und Schatten

■ Im Mai wird ein neuer Rembrandt-Film in unsere Kinos kommen. In der - milde ausgedrückt - reichlich missratenen französisch-deutsch-niederländischen Koproduktion verkörpert Klaus-Maria Brandauer den berühmten holländischen Barockmaler als unkonventionellen Freigeist, der sich um die Vorurteile seiner Epoche nicht schert und schließlich nicht nur am Unverständnis, sondern vor allem an den rigiden Moralvorstellungen und Verhaltenskodizes seiner Zeitgenossen scheitert. Über Rembrandts Kunst weiß der Film von Charles Matton hingegen nur wenig mitzuteilen. Hier kann vielleicht die Filmreihe „Celluloid Rembrandtiana“ im Arsenal-Kino Abhilfe schaffen, in der neben traditionellen Künstler-Biografien auch Dokumentationen gezeigt werden, die sich wie Bert Haanstras „Rembrandt, schilder van de mens“ (1957) mit den Selbstporträts des Malers oder wie Hans Cürlis´ „Nie gesehener Rembrandt“ (1954) mit Details in Rembrandt‘schen Radierungen beschäftigen. Wie man den liberalen, philosemitischen Freigeist Rembrandt im Kontext eines nationalsozialistischen Propagandafilms präsentieren kann, zeigt hingegen Hans Steinhoffs „Ewiger Rembrandt“ aus dem Jahr 1942. Historische Biografien - nicht nur von Künstlern, sondern auch von Wissenschaftlern, Erfindern und Politikern - waren in der Nazizeit ein beliebtes Genre: Boten sie doch Gelegenheit, oftmals bewunderte, aber ebenso häufig von kleingeistigen und egoistischen Zeitgenossen missverstandene Genies beim Denken ihrer genialen Gedanken zum Wohle und Ruhme der Menschheit vorzuführen. Die erhoffte Parallele zum Denker auf dem Obersalzberg und „seinem“ mittlerweile im Krieg leidenden Volk blieb dabei unübersehbar. In „Ewiger Rembrandt“ entzündet sich der Streit vor allem an dem Gemälde „Die Nachtwache“: Den dort porträtierten, hochgradig eitlen Mitgliedern der Kompanie des Hauptmanns Frans Banning Coq ist Rembrandts kühnes Bild zu dunkel und die Ähnlichkeit der Figuren mit den Dargestellten zu gering; Rembrandt hingegen beharrt auf seinem Entwurf, der „die Jahrhunderte überdauern wird“. Zumal sich der Maler zuvor in einen Schaffensrausch hineingesteigert hatte: Drei Wochen war er nicht mehr nach Hause gekommen, wo seine ihn liebende Gattin langsam dahinsiecht, was der Künstler - überirdisch, wie er nun einmal ist - gar nicht wahrnimmt. Denn auch das müssen die Genies bei den Nazis: leiden und opfern im Dienste einer übergeordneten Idee.

„Ewiger Rembrandt“, 21. 4., „Rembrandt, schilder van de mens“, „Nie gesehener Rembrandt“ 24. 4., 28. 4. im Arsenal 1 (Rembrandt-Reihe bis 30. 4.) 1960 übersetzten Louis Malle und sein Koautor

■ Jean-Paul Rappeneau schuf einen aberwitzigen Roman von Raymond Queneau in ein kleines anarchistisches Filmmeisterwerk. „Zazie in der Metro“, die Geschichte einer frechen Göre, die Paris ins Chaos stürzt, weil die Metro bestreikt wird, wartet mit absurden Verfolgungsjagden auf, die wie mit falscher Geschwindigkeit abgespielte Stummfilme wirken, und mit Orgien der Zerstörung, die an die Cartoon-Abenteuer von Bugs Bunny und Genossen erinnern. Verfremdungen, filmhistorische Zitate, Referenzen an verehrte Kollegen und Freunde: Louis Malle benutzt die Filmsprache der Nouvelle Vague und parodiert sie gleichermaßen.

„Zazie in der Metro“ (Om engl. U) 19. 4. im Arsenal 2

■ Eine unkonventionelle Hommage an das Musical: In Jacques Rivettes „Vorsicht: Zerbrechlich“ kreuzen sich die Lebenswege von drei jungen Frauen in einer Rivette-typischen geheimnisvollen Geschichte voller Verschwörungen. Louise ist gerade nach mehrjährigem Koma wieder erwacht, Ninon tätigt kleinkriminelle Deals, die adoptierte Ida sucht nach der eigenen Identität. Eine ererbte Villa, Bibliotheken und Diskotheken spielen Hauptrollen, ebenso eine mysteriöse Organisation. Bei alledem geht es Rivette vor allem um die Bewegung zur Musik: Und die spielt nicht nur in der Disco, sondern auch in der Villa, wo die Protagonistinnen auf der Treppe (wo sonst?) anfangen zu singen.

„Vorsicht: Zerbrechlich“ 22. 4., 25. 4. im Filmkunsthaus Babylon (Studiokino)

Lars Penning