Die Entscheidung ist nahe

Die Adler Mannheim gewinnen gegen die Münchner Barons 2:1 und können bereits heute Abend im vierten Play-off-Spiel deutscher Eishockey-Meister werden

MANNHEIM taz ■ Es war vor zwei Jahren, zu einer Zeit also, als es den Eishockey-Club Münchner Barons noch gar nicht gab, da wurden die Adler Mannheim gerade zum dritten Mal in Serie deutscher Meister, ein Kunststück, bei dessen Zustandebringen sie sich beinahe zu Tode siegten. Doch nur wenige Tage nach dem großen Triumph platzte in der Quadratestadt jene Bombe, die die Adler ganz nahe an den wirtschaftlichen Abgrund beförderte. Nur das Engagement der SAP-Connection Dietmar und Daniel Hopp, heute Gesellschafter des DEL-Vereins, ermöglichte es damals per kräftiger Finanzspritze, dass es die Mannheimer Kufencracks auch heute noch gibt – und dass das neu formierte Team auch in diesem Jahr wieder um den Titel spielen kann. Und das ziemlich aussichtsreich, schließlich steht es vor dem heutigen vierten Play-off-Finalspiel gar nicht so schlecht um die Badener, die mit 2:1 nach Siegen führen in der Best-of-five-Serie, weil sie am Mittwochabend auch ihr zweites Heimspiel gegen die Münchner gewinnen konnten, diesmal mit 2:1.

Ein Sieg, der am Ende zwar nicht gänzlich unverdient war, ein Sieg aber auch, der seltsam zufällig zustande gekommen war. Beide Mannschaften hatten im dritten Zusammentreffen ganz offenbar zu viel Respekt voreinander, was dazu führte, dass sie sich lange Zeit geradezu neutralisierten – und es nach 30 Minuten, im Eishockey eine Ewigkeit, immer noch 0:0 stand. Die Barons glitten so abgeklärt über das Eis, wie ihr Nachbar FC Bayern bisweilen Fußball spielt: den Gegner einschläfern, ohne dass er es merkt, dann aber irgendwann und ziemlich gnadenlos zuschlagend.

Diesmal freilich schlug die Einlull-Taktik fehl: Nachdem eine lahme halbe Stunde gespielt war, gaben die sangesfreudigen Adler-Fans der Partie die entscheidende Wende. „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ schmetterten sie durch den Friedrichspark, eine Aufforderung, die die Cracks ganz offenbar begriffen. Jedenfalls hatte Boris Roussson gegen den Mannheimer Jean-François Jomphe nur wenige Sekunden später erstmals das Nachsehen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kanadier im Tor der Gäste den minimalen Unterschied in einem ausgeglichenen Spiel ausgemacht, denn er war bedeutend öfter gefordert worden als sein Gegenüber Mike Rosati. Dass den Barons in der 45. Minute noch der Ausgleich durch Shane Peacock gelang, entsprach dem Verlauf eines fairen und zuweilen langweiligen Spiels. Sean Simpson, der Trainer der Barons, hatte jedenfalls kaum Grund, seine Mannschaft über Gebühr zu kritisieren, und gab für die heutige vierte Play-off-Partie die einfache Devise aus, nach der seine Spieler „60 Minuten stark spielen müssen, um gegen die Adler noch eine Chance zu haben“. Denn als viele Zuschauer schon eine Verlängerung fürchteten, hatte Münchens Keeper Rousson erneut das Nachsehen, Devin Edger erzielte den Entscheidungstreffer für die Mannheimer kurz vor Spielende.

Adler-Coach Bill Stewart, von seinem durch Capitals-Trainer Pavel Gross verursachten Veilchen unter dem rechten Auge und einer Zwei-Spiele-Sperre inzwischen befreit, blickte in seinem Fazit denn schon einmal voraus auf die eventuell vorentscheidende heutige Partie in München. Vom „toughest test of all“ sprach Stewart und dass die Adler „bis zum Umfallen kämpfen“ müssten, um ein drohendes fünftes Spiel am Sonntag in Mannheim auf alle Fälle überflüssig zu machen. Sollte es doch dazu kommen, könnten sich die 8.200 Zuschauer, die dann wieder in den Friedrichspark pilgern werden, auf noch mehr Dramatik einstellen, vielleicht sogar auf eine nervenaufreibende Verlängerung bis hin zum Penalty-Schießen.

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