Putsch? Aber nein

Burundis Verteidigungsminister rettet Staatschef Buyoya vor einem Putschversuch – und stärkt vor allem sich selbst

BERLIN taz ■ Hat die Armee im ostafrikanischen Burundi am Mittwochabend nun geputscht oder nicht? Offiziell heißt die Antwort: Nein. „Die Aufständischen haben sich ergeben, der Offizier (der sie anführte, d. Red) wurde überwältigt, und zurzeit sind die burundischen Streitkräfte Herr der Lage“, sagte Verteidigungsminister Cyrille Ndayirukiye gestern um vier Uhr morgens. Es habe weder Tote noch Verletzte gegeben.

Am Nachmittag hatte der völlig unbekannte Armeeleutnant Ndakarutimana, dessen Vorname verschiedentlich als Pasteur oder Gaston gemeldet wird, in der Kaserne Gakumbu am Flughafen der burundischen Hauptstadt Bujumbura seine Kompanie aus 30 bis 40 Soldaten auf einen Lastwagen gesetzt und war damit zum Staatsrundfunk gefahren. Dort besetzte er einen Teil des Gebäudes, setzte sich vor ein Mikrofon und verkündete der Nation: „Die Regierung ist vorbei.“ Präsident, Kabinett und Parlament seien „suspendiert“. Dann wurde die Übertragung unterbrochen. Wenige Stunden später ging Verteidigungsminister Ndayirukiye in den Präsidentenpalast – Präsident Buyoya befindet sich seit Dienstag in Gabun zwecks Friedensverhandlungen – und erklärte verschiedenen Privatsendern, die Lage sei „immer mehr unter Kontrolle“. Er schickte Soldaten zum Rundfunkgebäude, die in Verhandlungen die Putschisten zum Aufgeben überredeten.

Das war alles sehr merkwürdig. So war die übliche bewaffnete Wachmannschaft vor dem Staatsrundfunk gerade nicht da, als die Putschisten ankamen, und die Besatzung der drei gepanzerten Fahrzeuge vor dem Gebäude ließ Ndakarutimanas Truppe unbehelligt hinein. Sie durfte dann auch unbehelligt wieder heraus, um festgenommen zu werden, und leistete gegen den Zusammenbruch ihres Putsches nicht den geringsten Widerstand. Das einzige konkrete Ergebnis der ganzen Aktion war, dass am Schluss der Verteidigungsminister im Präsidentenpalast saß. Nun fragen sich viele, ob er das Ganze nicht selber inszeniert hat, um seine eigene Macht auszubauen.

Es gibt viele Menschen in der Tutsi-Elite von Burundis Hauptstadt, die über einen Sturz oder zumindest eine Schwächung von Präsident Buyoya froh wären. Seit seinem eigenen Putsch von 1996 hat er nicht nur den Bürgerkrieg mit Burundis Hutu-Rebellen nicht beendet – er verweigert auch unter Hinweis auf den andauernden Krieg die Umsetzung des im vergangenen Sommer geschlossenen Friedensabkommens, das unter anderem die Einsetzung einer Übergangsregierung vorsieht. Die würde Buyoya gerne selber anführen, aber die Tutsi-Parteien Burundis haben einen anderen Kandidaten aufgestellt: Oberst Epitace Bayaganakandi. Der hält Buyoya für das „Haupthindernis für den Friedensprozess“. Am Mittwoch, kurz vor dem Putschversuch, wurde der Oberst von seinem Posten als Direktor des Staatsbetriebes Sodeco entlassen.

Den Putschversuch verurteilte Bayaganakandi, aber nun stellt sich die Frage, wie nahe er dem frisch gestärkten Verteidigungsminister steht. Beide kommen aus der Provinz Muramvya, während Buyoya Teil einer traditionell regierenden und im Rest Burundis unbeliebten Machtclique aus der südlichen Provinz Bururi ist. Regionale Loyalitäten sind in Burundi mindestens so stark wie Hutu- und Tutsi-Zugehörigkeiten.

Bisher wird davon ausgegangen, dass Verteidigungsminister Ndayirukiye dem Präsidenten Buyoya treu geblieben ist und dass er seine erfolgreiche Aktion vom Mittwoch unternommen hat, um zusammen mit Buyoya in der Armee aufräumen zu können. Allerdings ist Buyoya ab jetzt faktisch Präsident von Ndayirukiyes Gnaden. Man muss eben nicht selber putschen, um mächtiger zu werden.

DOMINIC JOHNSON