Piloten entlastet, Umwelt im Stress

Seit gestern gelten neue Flugrouten über Deutschland. Weniger Staus am Himmel, aber dadurch mehr Flüge, mehr Lärm und mehr Schadstoffe

von BERNHARD PÖTTER

Der Ausbau der Straßen geht voran – auch am Himmel. Die Umstellung der Flugrouten über Deutschland ist nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) „wesentlich besser gelaufen als befürchtet“.

Genau das aber befürchten Umweltschützer. Denn die Änderung der Flugrouten soll mehr Platz am Himmel schaffen und damit mehr Verkehr möglich machen. Um bis zu 30 Prozent sollen die Luftwege über Europa durch die Neuordnung entlastet werden. Bis 2020 soll sich der Personenverkehr in der Luft verdoppeln. „Die bessere Effizienz am Himmel beseitigt einen der Flaschenhälse, die das Wachstum am Himmel bisher begrenzt haben“, sagt Manfred Treber von der Umweltorganisation Germanwatch.

Technisch sind die neuen Flugrouten ein Fortschritt. Durch bessere Instrumente wird die Navigation einfacher. Die Flugzeuge können enger zusammen fliegen, und die Fluglotsen haben gerade bessere Arbeitsbedingungen erstritten: Lotsen an besonders stark beflogenen Airports wie Frankfurt werden einen Ausgleich für ihre extreme Belastung bekommen.

Damit ist für einen reibungslosen Luftverkehr gesorgt. Aber gerade das ist aus ökologischer Sicht das Problem. Denn höhere Effizienz am Himmel und bei der Abfertigung der Passagiere bringt mehr Flüge und damit mehr Umweltbelastungen wie Lärm und Schadstoffe. Noch in dieser Legislaturperiode soll das Gesetz zum Schutz vor Fluglärm verschärft werden. Dann sollen etwa eine Million Anwohner Anspruch auf Lärmschutzfenster haben, wenn der Dauerlärmpegel 65 dB übersteigt.

Deutlich zunehmen wird aber auch der Ausstoß von klimaschädigenden Gasen durch die Flugzeuge. Bereits jetzt machen die weltweiten Flüge nach Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) 2,5 Prozent der CO2-Emissionen aus, der Einfluss auf den Klimawandel ist wegen der Flughöhe wesentlich größer. Paradoxerweise werden die internationalen Flüge keinem Land in seiner Klimabilanz zugerechnet: Der Flug von Frankfurt nach New York taucht weder in der deutschen noch in der US-Klimastatistik auf.

Das UBA hat Anfang des Jahres in einem Gutachten errechnen lassen, wie sich die Treibhausgase aus dem Flugverkehr reduzieren lassen. Das Fazit: Am wirksamsten wäre eine hohe Abgabe auf den Schadstoffausstoß von etwa 600 Mark pro Tonne CO2. Damit könnte der CO2-Ausstoß für 2010 auf dem Niveau von 1995 stabilisiert werden, weil in sparsamere Motoren investiert würde. Der Mallora-Flug, so das Gutachten, würde sich um etwa 300 Mark pro Person verteuern.

Das würde bedeuten, die Reisenden zur Kasse zu bitten. Immerhin blasen nach Berechnungen von Germanwatch die Bewohner großer Städte bereits mehr Kohlendioxid in die Luft, wenn sie ein- oder zweimal im Jahr ins Flugzeug klettern, als wenn sie das ganze Jahr über Auto fahren. „Fliegen“, sagt Manfred Treber, „ist der größte Öko-Frevel, der nicht strafbar ist.“