Kein Ministerium für Cem Özdemir in Sicht

Mit seinem Vorschlag für ein Migrationsministerium holt sich der grüne Bundespolitiker beim sozialdemokratischen Innenminister eine Abfuhr

Ein Sprecher aus dem Hause von Otto Schily (SPD): „Migration und Zuwanderung gehören in den Kernbereich der Innenpolitik“

von SEVERIN WEILAND

Ein eigenes Bundesministerium für Einwanderung und Integration – das hatte Cem Özdemir, der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, am Mittwoch vorgeschlagen. Kaum einen Tag darauf wird der Vorschlag ins Reich der Utopien verwiesen. „Migration und Zuwanderung gehören in den Kernbereich der Innenpolitik und müssen daher auch im Innenministerium angesiedelt bleiben“, übermittelte gestern ein Sprecher Otto Schilys den offiziellen Standpunkt des Bundesinnenministers.

Özdemir selbst hatte seinen Vorschlag als Privatmeinung deklariert und an eine baldige Verwirklichung ohnehin nicht geglaubt: Das sei „Zukunftsmusik“. Im Büro der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung wird die Idee verhalten aufgenommen. Eine „ressortübergreifende Arbeit“, sagt deren Sprecher Bernd Knopf, sei durchaus ein „sinnvoller Ansatz“. Nur werde ein Ministerium „nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft“. Trotzdem sei natürlich „auf lange Sicht ein neues Ministerium eine Überlegung wert“. Hinter der vernehmbaren Zurückhaltung im Büro von Marieluise Beck (Grüne), steckt wohl auch ein gehöriges Maß an Selbstschutz. Käme nämlich ein Ministerium zustande, würde die Bedeutung der Ausländerbeauftragten wohl oder übel abnehmen. So bringt man dort eher der zweiten Variante Sympathie entgegen, die Özdemir für den Fall ins Spiel brachte, dass ein Ministerium verschoben wird: eine hochrangige, möglichst im Kabinett angesiedelte Arbeitsgruppe für Fragen der Zuwanderung und Integration. Verstärkte Zusammenarbeit sei notwendig, meint auch Knopf. In einem ersten Schritt sollten daher die Querschnittsaufgaben der Ministerien bei Fragen der Integration und Zuwanderung stärker koordiniert werden.

Zusammenarbeit der Bundesministerien hat es in der Vergangenheit durchaus gegeben – so bei der Sprachförderung des Bundes. Aber eben nur befristet, wie Knopf anmerkt. Verstärkte Abstimmung ist aus Sicht des Büros der Ausländerbeauftragten nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landesebene wünschenswert. Erste hoffnungsvolle Anzeichen gibt es bereits: So wird in Nordrhein-Westfalen über eine Migrations-Stabstelle in der Staatskanzlei nachgedacht. Während ein Ministerium auf Regierungsseite derzeit keine Chancen auf Umsetzung hat, wurde von der CSU allein schon der Vorschlag in Bausch und Bogen verdammt. Özdemirs Idee sei „ein erneuter Beweis für die Fantastereien des grünen Koalitionspartners im Umgang mit den anstehenden ausländerrechtlichen Fragestellungen“, meinte der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Wolfgang Zeitlmann. Ein solches Ministerium sei genauso überflüssig wie die Schaffung eines Bundesamtes für Migration. Zeitlmanns harsche Ablehnung findet – zumindest was eine Migrationsbehörde angeht – keinesfalls ungeteilten Beifall in der Union. „Wenn man diese Behörde mit Koordinierungsaufgaben betrauen könnte, hielte ich das wirklich für einen Vorschlag, mit dem die Union sich einmal ernsthaft beschäftigen sollte“, meinte gestern der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Bosbach. Dem Rheinländer fiel auch umgehend eine Einrichtung ein: das Bundesverwaltungsamt in Köln.