Hungerleider HEW

Keine Alleinherrschaft bei Berliner Bewag. Expansion zum Großkonzern auf dem deutschen Energiemarkt vorerst gestoppt  ■ Von Sven-Michael Veit

Manfred Timm muss hungrig bleiben. Und Lars Göran Josefsson auch. Denn aus dem erhofften Festmahl ist eine halbe Portion geworden. Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) werden, das wurde gestern bekannt, sich den Berliner Strommonopolisten Bewag mit dem US-Konzern Mirant teilen müssen. Die Kontrahenten unterzeichneten einen Vergleich, der eine „partnerschaftliche und gleichberechtigte Führung“ beim Hauptstadtkonzern vorsieht. Ein herber Rückschlag für die Hamburger und ihre schwedische Mutter Vattenfall auf dem propagierten Weg zum „Konzern von europäischer Dimension“, den sie erst mal verdauen müssen.

Als erstes Etappenziel wollten HEW-Chef Timm und Vattenfall-Boss Josefsson, so verkündeten sie im Oktober vorigen Jahres, das drittgrößte Energieunternehmen Deutschlands aufbauen. Die Hauptmahlzeit sei die Bewag, zudem richte sich ihr Appetit auf den ostdeutschen Marktführer Veag, sowie die kleineren Versorger Laubag, Mibrag und Envia. Dieser nordostdeutsche Stromverbund unter HEW-Führung wiederum sollte Teil der Expansion der Schweden rund um die Ostsee werden. In zehn Jahren, so Josefsson, würden auf dem Kontinent „fünf oder sechs Konzerne den Markt bestimmen, und einer davon wird Vattenfall sein“.

Die Suppe versalzen hat den beiden der US-Gigant Mirant, der bislang 26 Prozent an der Bewag hält, und die geplante Übernahme anfocht. Aus kartellrechtlichen Gründen muss der größte deutsche Energiekonzern E.ON seine Mehrheitsanteile an Bewag und Veag abgeben, als Erwerber war Vattenfall-HEW vorgesehen. Mirant jedoch pochte auf sein vertraglich zugesichertes Vorkaufsrecht bei Bewag-Aktien.

Ein seit Sommer vorigen Jahres vor ordentlichen Gerichten und einem Schiedsgericht geführtes Verfahren endete gestern mit einem Kompromiss. HEW und Mirant werden danach mit jeweils etwa 43 Prozent der Anteile gemeinsam die Bewag führen, die Veag und die drei kleinen Happen dürfen die Hamburger alleine schlucken.

HEW-Chef Timm erklärte ges-tern, dass er „die erzielte Einigung begrüsst“. Was anderes blieb ihm auch nicht übrig. Noch im Januar hatte er hingegen bei einem Essen mit Journalisten verkündet, dass alles andere als die Alleinherrschaft an der Bewag ihm nicht behage. Eine „Insellösung“ mit einem geteilten Berlin mitten im künftigen HEW-Gebiet zwischen Elbe und Oder sei nun gar nicht nach seinem Geschmack. Dennoch wird er sie nun schlucken müssen. Der ganze Happen war zu groß.

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