„Fingerabdrücke“ im Pferdestall

Mit einer Ausstellung in der Kulturbrauerei wollen 24 Künstler die Forderung nach einer Freilassung der RAF-Gefangenen unterstützen. Die Objekte selbst beschäftigen sich allerdings nicht mit der Geschichte des Terrorismus in der Bundesrepublik

Die Prostituierte hat goldene Brüste und einen Krähenkopf, läuft auf einer mit Symbolen internationaler Wirtschaftsunternehmen gespickten Linie und führt zwei Schoßhündchen an der Leine. Einer der beiden besitzt einen Kopf in Form eines Gartenzwergs. Mariele Bergmann hat ihrer 1995 entstandenen Figur keinen Namen verliehen. „Der Staat geht auf den Strich“ nennen sie die Macher der Ausstellung „Fingerabdrücke“ in der Kulturbrauerei.

Es ist keine fröhliche Stimmung, die die Ausstellung vermittelt. Viele der Skulpturen, Drucke, Fotografien und Gemälde der 24 überwiegend deutschen KünstlerInnen sind in erdfarbenen Tönen gehalten. Eindringlich hallen die harten Dialoge eines Hörspiels, Teil einer Videoinstallation, durch den Raum, den ehemaligen Pferdestall der Brauerei. Auf das Schicksal der noch inhaftierten Gefangenen aus der Roten Armee Fraktion (RAF), die inzwischen seit bis zu 22 Jahren im Gefängnis sitzen, wollen die Veranstalter, die bundesweite Initiative „Freiheit Jetzt!“, aufmerksam machen. „Uns geht es darum, dass jetzt ganz schnell eine politische Lösung für die Gefangenen gefunden wird, damit sie eine Lebensperspektive bekommen“, erklärt Volker Braun, einer der Organisatoren, die sich zumeist schon viele Jahre mit diesem Thema beschäftigen. Man wolle dazu beitragen, eine 30-jährige Geschichte abzuschließen. Die Kunstausstellung sei ein Versuch, Öffentlichkeit zu schaffen und „an betonierten Strukturen zu rütteln“, meint Brauns Mitstreiter Mathias Meyers.

Entstanden ist sie aus einer vor gut drei Jahren organisierten Solidaritätsaktion für die inhaftierten Mitglieder entwickelt. „Viele Schriftsteller und Künstler unterstützten damals unseren Aufruf für die Freilassung der Gefangenen“, berichtet Braun. Darunter waren auch viele bekannte Künstler aus der ehemaligen DDR, die etwa die Hälfte der jetzt ausgestellten Werke zur Verfügung stellten. Überhaupt sei, wie Braun aus persönlichen Erlebnissen weiß, in den neuen Bundesländern die Sensibilität und die Empörung über die „ewig lange Haftzeit“ größer und „viel unmittelbarer“.

Nicht alle ausgestellen Werke thematisieren so direkt Herrschaftsverhältnisse wie Mariele Bergmanns Nutte, auch wenn sie alle einen politischen Hintergrund haben. Noch weniger beschäftigen sie sich konkret mit der Geschichte der RAF. Eine zentrale Stellung nimmt jedoch Ingeborg Hunzingers Skulptur „Wiedersehen“ ein, die zwei sich umarmende Menschen zeigt. Sie drücke das Ziel der Gruppe aus, sagt Braun, durchaus hoffnungsvoll.

Bestärkt wurden die Hoffnungen der Gruppe durch das große öffentliche Interesse an der Ausstellung. Bisher seien über 3.000 Besucher gekommen, so der Mitarbeiter der Initiative. Darunter nicht nur „Szeneangehörige“, sondern vielmehr „ganz unterschiedliche Leute“.

Noch bis zum 29. April ist die Ausstellung zu sehen. Was danach mit ihr passiert, ist noch nicht entschieden. BERT SCHULZ

Die Galerie im Pferdestall der Kulturbrauerei ist Dienstag bis Freitag von 16 bis 21 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 21 Uhr geöffnet