Beitritt nur für Starke

Finanzminister wollen bei EU-Erweiterung mitreden: Regierungschefs und Außenrat beachten die wirtschaftliche Lage der Beitrittsländer zu wenig

MALMÖ/BERLIN afp/ap/taz ■ Die EU-Finanzminister und -Notenbankchefs (Ecofin) wollen ein Wort mitreden, wenn es um die Erweiterung der Europäischen Union geht. Diesen Anspruch haben sie am Wochenende auf dem ersten Treffen mit Kollegen aus den potenziellen Beitrittsländern klargestellt. Künftig würden sie darüber wachen, dass die wirtschaftliche Stabilität der Kandidaten gesichert ist.

Die Mahnung, die Aufnahmekriterien, zu denen eine funktionierende Marktwirtschaft zählt, im Ganzen ernst zu nehmen, ging auch an die eigenen Regierungschefs und Außenminister. Offenbar befürchten die Finanzminister, dass diese sich zu politischen Kompromissen hinreißen lassen könnten.

Zum Testfall könnte dabei Polen werden. Zumindest für Deutschland ist es aus historischen Gründen undenkbar, das Nachbarland nicht gleich in der ersten Runde aufzunehmen, die für 2004 geplant ist. Aber wirtschaftlich erreicht Polen zum Teil nicht die Standards von Tschechien, Estland, Ungarn, Slowenien, Zypern und Malta, die ebenfalls zur ersten Gruppe gehören. Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und die Slowakei sollen ohnehin erst später zum Zug kommen.

Am weitesten aus dem Fenster hängte sich der deutsche Finanzminister Hans Eichel (SPD), der sagte, notfalls müssten die ersten Beitritte eben verschoben werden. Mit Verweis auf die vereinigungsbedingten Probleme in Deutschland warnte er, dass eine nicht ausreichende Vorbereitung zu „enormen sozialen Verwerfungen“ führen könne. Dass er sagte, „der Zeitplan ist kein politischer, sondern ein fachlicher“, erschien dem schwedischen Ratsvorsitzenden Bosse Ringholm aber als zu offensive Kampfansage an die EU-Außenminister. Natürlich übernähmen diese „die Führung“, versuchte Ringholm denn auch klarzustellen.

Wenn es um die fachliche Entscheidung geht, können die Finanzminister jedoch auch auf Rückhalt durch die EU-Kommission zählen. Diese hatte zu dem Treffen ein Papier über finanzpolitische Risiken in Osteuropa vorgelegt. Darin wird deutlich, dass der Finanzbedarf aufgrund des Aufholprozesses etwa beim Umweltschutz über Jahre hinweg mit Kapital aus dem Ausland gedeckt werden muss, was die Kandidatenländer – ähnlich wie vor wenigen Jahren die asiatischen Tigerstaaten – anfällig für Finanzkrisen macht. Kein Wunder, dass die Kommission riet, dieses Risiko wenigstens durch ein solides Wirtschaften zu minimieren.

BW