Der Schrecken in Person

Irans Ex-Geheimdienstchef Ali Fallahian fordert bei der Wahl am 8. Juni Präsident Chatami heraus

Er ist der Schrecken deutscher Diplomaten. Wann immer sein Name fällt, sei es im Gespräch mit Beamten des Auswärtigen Amtes oder im Interview mit ihrem Chef selbst, verziehen die Herren ihre Augenbrauen, verheddern und winden sich in Formulierungen.

Ob sie Kinkel oder Fischer heißen, dieser Mann macht Probleme: Ali Fallahian, bis vor kurzem Chef des iranischen Geheimdienstes Vevak, war lange der große Unbekannte in den deutsch-iranischen Beziehungen.

Immer wieder fiel sein Name im Zusammenhang mit kriminellen, auch blutigen Geschäften. Bei der Vorbereitung des Lockerbie-Attentats soll er ebenso seine Finger im Spiel gehabt haben wie in der geheimen Finanzierung der libanesischen Hisbullah. Arabische Staaten wie Saudi-Arabien beklagten sich regelmäßig über feindliche Aktivitäten des Iraners, der als Minister auf internationalen Reisen Immunität genoss.

Fallahian stritt stets jede Beteiligung an kriminellen Taten ab – auch nachdem ihn das Berliner Kammergericht 1997 als Drahtzieher des Mordes an vier iranisch-kurdischen Oppositionellen im Berliner Restaurant Mykonos beschuldigte. Fallahian wurde als einziger Vertreter der iranischen Staatsspitze, die für das Attentat mitverantwortlich gemacht wurde, namentlich im Urteil erwähnt. Die Entführung des deutschen Geschäftsmannes Helmut Hofer im gleichen Jahr wird allgemein als Racheaktion von Fallahians Gefolgsleuten bewertet.

Fallahian ist aber auch der Schrecken tausender Iraner, die ihm und seinen Geheimdienstlern schwere Menschenrechtsverletzungen vorwerfen. Mit brutaler Konstanz werden so seit Jahren Regimekritiker und liberale Köpfe in Iran mundtot gemacht oder gleich ermordet. Die Publizistin Parvaneh Alizadeh hat ihre Erlebnisse in Folterkellern des iranischen Geheimdienstes in einem kürzlich auf Deutsch erschienenen Buch beschrieben. Von der bloßen Lektüre wird einem schlecht.

Wenn Fallahian von den Konservativen Irans gegen Amtsinhaber Mohammad Chatami am 8. Juni ins Rennen um das Präsidentenamt geschickt wird, ist man geneigt, dem Brutalo keine Chance zu geben. In seiner Heimat stand er zeitweise unter Hausarrest, und wegen des Mykonos-Attentats wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht. Doch sollte man die Macht der Konservativen nicht unterschätzen – nach wie vor kontrollieren sie Polizei, Justiz und Medien. Seit Jahren werfen sie Chatami Steine in den Weg. Ihr neuester Coup heißt Fallahian.

FLORIAN HARMS