zuwanderung à la csu
: Alles bleibt, wie`s ist – nur anders

Der Parteivorstand der CSU hat gestern neun Thesen zur Zuwanderungspolitik vorgelegt. Ergebnis: Das letzte verlässliche Bollwerk gegen die Einwandererfluten bröckelt. Ausgerechnet die Partei, die so ausdauernd und inbrünstig das Lied vom Asylmissbrauch, von der Ausländerkriminalität und den unnützen Fremden zu singen wusste, meint nun: Deutschland braucht Einwanderung im großen Stil. Und verlässliche Integrationsangebote, die den Neuankömmlingen eine Eingliederung in die Gesellschaft erleichtern. Das ist beruhigend. Die CSU hat damit im letzten Moment bewiesen, dass sie – anders als zum Beispiel die NPD oder die „Republikaner“ – noch immer in der Lage ist, demografische, soziale und wirtschaftliche Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Kommentarvon EBERHARD SEIDEL

Das Thesenpapier zeigt aber auch ein Zweites: Erwachsenwerden tut weh und Parteien sind wie kleine Jungs. Bevor diese einen Irrtum eingestehen und ihr Verhalten womöglich ändern, ziehen sie eine Schnute, verschränken störrisch die Arme und stampfen hin und wieder kräftig mit dem Fuß auf.

Auch der CSU gelingt es, sich trotz ihres Bekenntnisses zur Einwanderung und Integration treu zu bleiben. Deshalb meint sie: Wenn denn schon Einwanderung sein muss, dann sollten die Fremden möglichst christlich, deutsch, ja am besten bayrisch sein. Eindringlich warnt sie in ihrem Thesenpapier vor den Gefahren und Problemen, die durch Einwanderer „aus fremden Kulturkreisen“ entstehen. Gleichzeitig verspricht sie die Quadratur des Kreises: Trotz Zuwanderung soll möglichst alles beim Alten bleiben. Wie? Durch „Bewahrung der Identität unseres Landes“, durch Steuerung der Zuwanderung, durch den Rückgriff auf pflegeleichte Fremde vor allem aus EU-Staaten.

Das alles wirkt recht putzig. Nicht nur weil die CSU offensichtlich eine klare, allerdings nicht weiter ausgeführte Vorstellung von der „Identität unseres Landes“ hat und irgendwelche fremden Kulturkreise als die Verantwortlichen für unsere gesellschaftlichen Probleme ausgemacht hat. Putzig ist die CSU auch deshalb, weil sie den Bürgern suggeriert, Deutschland müsse nur ein paar Beschlüsse fällen und anschließend stünden ein paar hunderttausend Fachkräfte an der Grenze. Seit der Green Card ist bekannt: Wenn die gesamte westliche Welt um Einwanderer konkurriert, muss sich Deutschland schon etwas offener als die CSU präsentieren, will es auch weiterhin attraktiv für Zuwanderer bleiben.