Ganz wie in alten Zeiten

Blutige Köpfe durch Schlagstöcke, Ausnahmezustand vor den Hafenstraßenhäusern und Festnahmen – Hamburgs Polizei hat sich redlich Mühe gegeben, die MediaNight zu sichern. Für das Event hatte die Wirtschaftsbehörde die River Kasematten von Klausmartin Kretschmer angemietet. Die Tuchfühlung mit den neuen NachbarInnen ist offenkundig daneben gegangen: „Diese Art des Hamburger Dialogs ist uns aus unserer Geschichte wohlvertraut,“ erklärten gestern die HafenstraßenbewohnerInnen, „wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass eines der ärmsten Quartiere als Kulisse für hippe locations dienen soll.“

Bereits frühzeitig hatten am Montagabend mehrere Hundertschaften Polizei damit begonnen, das Areal um die Immobilie abzusperren und mit Gittern zu sichern. Der Versuch, vor der Häuserzeile eine alternative Bottle-Party mit Open Air-Kino zu organisieren, wurde von der Polizei behindert, jegliche Ansammlung wurde aufgelöst. „Ist das die neue Nachbarschaft, Herr Kretschmer?“, fragen sich die BewohnerInnen. Als Menschen dennoch Zugang zum Haus begehrten und Polizisten aus dem Gebäude mit Wasser begossen wurden, war es wie in alten Zeiten: Schlagstockeinsätze auf der einen, Bierdosen- und Eierwerfer auf der anderen Seite. Die Polizei räumte das Terrain, verletzte mehrere Menschen, nahm zwei fest und sprach gegen sechs Platzverweise aus.

Ein schwerer Unfall bildete den Höhepunkt des Polizeiagierens: Ein Hafenstraßenfilmer, der zuvor durch einen Schlagstock-Schlag am Kopf verletzt worden war, stürzte von einem Gerüst aus sechs Metern Höhe ab – vermutlich, weil er ohnmächtig geworden war. Ein Notarztwagen brachte ihn mit mehrfachen Schädelbruch ins Krankenhaus.

Kretschmers Ankunft glich später einem Spießroutenlaufen. „Hey, hast du auch 'ne Eintrittskarte“, wurde dem völlig Irritierten der Weg versperrt, bevor herbeigeilte Polizisten ihn eskortierten. Für die HafensträßlerInnen gilt, der Senat habe mit Kretschmer einen „nützlichen Idioten“ gefunden, um mit ihm als Pächter „doch noch das Konzept der Perlenketten am Hafenrand realisieren zu können“.

Bei Einbruch der Dunkelheit gelang es doch noch, mit Filmen einen medialen Gegenpart zu setzen. An eine Hauswand an der Balduintreppe wurde der Film „Park Fiction“ projiziert, und im Golden Pudel Club lief ein Video-Clip gegen die „Yuppiesierung des Hafenrands“.

Derweil fühlte sich trotz der von Scheinwerfer-Spots und Schleppertröten begleiteten Enthüllung eines Computer-Graffitis am Blohm + Voss-Dock so mancher MediaNight-Gast bei dem Polizeischutz unwohl: „Für die Veranstalter ist das super – keiner kann abhauen, obwohl die Party scheiße ist.“ Kai von Appen