Beziehungen und Abwege

■ Eine bitterböse Boulevardkomödie, die diese Bezeichnung verdient: Am Mittwoch haben Oliver Bukowskis nature & friends im Altonaer Theater Premiere

Ende Dreißig, gutsituiert, verheiratet: Werner Takgesell könnte ein zufriedener Nachrichtensprecher und After-Work-Party-Gänger sein. Stattdessen versuchen er und seine Frau Judith sich im Ehe-Aufpeppen mittels lacklederner Sexspielchen. Zwar gelingt Werner die Mutation zum „reißenden Tier“, doch Judith brennt trotzdem mit einem Anderen durch. „Sie war gefesselt und hat dich verlassen?“, wundert sich prompt Dörthe Mullai, langjährige Freundin des Ehepaars.

Während Dörthe mit allerlei guten Tipps aus einschlägigen Wochenmagazinen zum Thema Stolz und Würde beim Verlassenwerden aufwartet, ist Judith im wahrsten Sinne über alle Berge. Ihr neuer Held besitzt nämlich eine klasse Bergkate in einem einsamen Tal – ganz ohne Technik, dafür sehr romantisch. Quasi „Candle-light bis zur Erblindung“, wie Dörthe weiß. Der Hüttenfreak nämlich ist kein anderer als ihr Gatte Jochen. So tun sich die beiden Betrogenen zusammen und warten voller Häme, aber geduldig auf die reuige Rückkehr der in die Natur Geflüchteten.

Aus diesem Stoff und noch einem weiteren Paar als Yuppie-Gegengewicht hat Oliver Bukowski eine äußerst komische und natürlich wieder bitterböse Boulevardkomödie gezaubert: nature & friends heißt das kurze und bündige Stück. Für dessen Uraufführung sorgt kommenden Mittwoch das Altonaer Theater. Intendant Axel Schneider bringt es mit Meike Harten, Hannelore Dröge und anderen Bukowski-Erprobten einmal mehr auf die Foyerbühne des Hauses – Schneiders „Perle“.

Mittlerweile als Hausautor gehandelt, kommt auf Bukowski vielleicht demnächst eine Auftragsarbeit zum Thema Sport zu – schließlich engagiert sich das Altonaer Theater auch sehr für den sportlichen Aspekt im Leben. Vorerst ist Schneider jedoch vollauf zufrieden, nature & friends uraufzuführen: „Das ist wie eine kleine Auszeichnung. In den letzten Jahren haben wir ja viel für Bukowskis Stücke getan.“ Im Vergleich mit den anderen erfolgreich gespielten Boulevardkomödien, findet Axel Schneider diese Bezeichnung bei nature & friends am zutreffends-ten. Auf den ersten Blick kommt das Stück nämlich recht oberflächlich daher, meint der Regisseur. Doch das Thema ist genau „die Oberflächlichkeit der Leute und der Beziehungen“.

Da lebt man also äußerlich ganz hip und lässig, kann aber kaum vertuschen, dass nach dem ganzen aufwendigen Lifestyle auch nichts mehr kommt. Die gesamte von vorn bis hinten verlogene Beziehung hindurch wünscht man den Partner auf den Mond. Doch kaum ist der nur im nächsten Gebirge auf holprigen Abwegen, sehnt man sich schon nach dem alten, schrecklichen Zustand zurück. Schneider nimmts mit Augenzwinkern und lässt zur Aufführung wahlweise „nature“- oder „friends“-Cocktails mixen. Liv Heidbüchel

Premiere: Mittwoch, 20 Uhr, Altonaer Theater