Porgy and Bess for Jazz

■ Bei Gershwins Oper muss der Bremer Jazzer Jan Christoph immer zum Taschentuch greifen. Jetzt hat er sie selbst arrangiert

Echte Jazzer haben nur eine Mission: Improvisieren und immer wieder Improvisieren. Echte Jazzer wie Jan Christoph und Christian Frank aus Bremen wollen ständig alles umarrangieren, interpretieren und – ja, so ist es eben – improvisieren. Dabei machen sie auch vor ehrwürdigen Klassikern wie dem über 65 Jahre alten George-Gershwin-Dauerbrenner „Porgy and Bess“ nicht Halt. Aber man muss zugeben: Gott sei Dank gibt es solche echten Jazzer. Wie gelangweilt wäre vor allem das Bremer Publikum sonst vom ewig gleichen „Summertime“ zum Beispiel im letzten Sommer im Theater am Goetheplatz.

„Ich habe Porgy and Bess zweimal hier in Bremen gesehen“, erklärt der 45-jährige Jazz-Musiker Jan Christoph. Fünf Taschentücher habe er bei den beiden Vorstellungen verbraucht und kann einfach nicht genug kriegen. Er entdeckte in den Liedern und Musikstücken der Oper ein „riesengroßes Potenzial“, schaffte es, den befreundeten Christian Frank mit seiner Begeisterung anzustecken, und schon war das Projekt „Sketches of Porgy and Bess“ geboren: Opernlieder im jazzkompatiblen Rahmen.

Eingefleischte Opernanhänger würden wahrscheinlich die Nase rümpfen, wenn Bess auf einmal den Sopran links liegen lässt und mit rauchiger Soulstimme „Summerteiieiieime“ röhrt. Sie würden auch den Orchestergraben und die Schauspieler vermissen. „Sketches of Porgy and Bess“ – das sind nicht wie im Original rund 40 Akteure mit Chor, sondern eine Bess, ein Porgy und vier Musiker. Das war's.

Und das reicht auch aus, um einen ganzen Theatersaal voller Zuhörer dazu zu bringen, mit Köpfen zu nicken und Fußspitzen zu wippen.

Mit den beiden US-Amerikanern Dolores Revels und Melvin Edmondson als Bess und Porgy ist dem Jazz-Quartett ein echter Glücksgriff gelungen. Die beiden waren bisher beim Musical „Buddy Holly Story“ in Hamburg engagiert. Und sie sind schwarz. Genau im Sinne Gershwins und seiner Verfügung, dass die Oper nicht von Weißen aufgeführt werden darf.

Das Bremer Jazzquartett ist dieser Bedingung nicht unterworfen, da nicht die ganze Oper aufgeführt wird. Jedoch gibt Christoph zu: „Ich habe das gerne eingehalten. Es war natürlich kein Muss, sondern eher ein glücklicher Zufall, aber schwarze Stimmen sind doch irgendwie anders.“ Da schwingt der Soul mehr mit.

Geschauspielert wird bei „Sketches of Porgy and Bess“ allerdings nicht, schließlich hätte ja jedes Lied seine eigene Story. Wer die Originaloper nicht kennt, hat somit Schwierigkeiten, die Handlung zu verstehen. Christoph und Frank wollen aber versuchen, diese durch kleine Zwischentexte und Begleithefte zu vermitteln. Die Handlung sei aber bei weitem nicht das Wichtigste.

Alles in allem entstand so ein abendfüllendes Musikkonzept, keine abgespeckte Version der Oper, sondern eigens komponierte Abwandlungen der Originallieder. „Wir wollten die Oper nicht kopieren“, so Frank. „Gershwin hat selbst auch Jazz komponiert und teilweise in die Oper eingebaut“, stellt Jan Christoph fest. „Deshalb war das Arrangement auch erst möglich. Mit Aida würde das Ganze sicher viel sperriger ausfallen.“

Sie hat schon den Groove, die im Jazzmantel eingehüllte Opernvorlage. Die Übergänge zwischen Arie und Jazzsound sind fließend. Stetiges Fließen würden sich Jan Christoph und Christian Frank auch von den Geldströmen wünschen. Die beiden finanzieren das Projekt aus ihren eigenen Taschen und haben deshalb auch kommerzielle Hintergedanken: „Das Ganze ist ein Programm für einen Musiktheaterabend, der sich als Event-Auskopplung gut eignet“, erklärt Christoph seine Pläne. „Wir wollen zum Beispiel bei Kongressen, Dinnerpartys oder Großveranstaltungen von Vereinen spielen.“

Tja, auch echte Jazzer müssen eben von irgend etwas leben. So ist das einfach. spo

Wer sich „Porgy and Bess“ in Jazz für die eigene Dinnerparty mieten will, sollte sich mit Marketing-Leiter Ulli Bau unter der Nummer 390 97 32 in Verbindung setzen.