PASTRANA IST MIT SEINER FRIEDENSPOLITIK IN KOLUMBIEN GESCHEITERT
: Stärke simuliert

In seinem Arbeitszimmer stehen zwei Modelle von US-amerikanischen Kampfhubschraubern, Marke Black Hawk. Mit ihnen wollte der kolumbianische Präsident Pastrana den Krieg gegen die Guerilla gewinnen. Er verfolgte den alten, paradoxen Traum: Frieden durch (angedrohte) Gewalt. Heute, gut ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit, kann festgestellt werden: Eine neue Ära ist mit Pastrana nicht angebrochen – auch wenn er auf seiner jetzigen Europareise den gegenteiligen Eindruck zu erwecken sucht.

An Gesten des guten Willens hat es ihm noch nicht einmal gefehlt. Er zog die Armee ab aus einem Gebiet, so groß wie die Schweiz, um es der Guerilla zur Verwaltung zu überlassen. Tatsächlich aber hat Pastrana mit diesem Rückzug nur den Status quo akzeptiert, um Friedensverhandlungen zu ermöglichen. Weder als Verwaltung noch als Schutzmacht war der Staat dort existent – wie in so vielen Regionen des Landes. Die Zivilbevölkerung erlebt dort den Staat lediglich in Form des Militärs, das sie entweder schutzlos den Paramilitärs ausliefert oder sich selbst an Vertreibungen beteiligt.

An die Stelle des Staates sind in Kolumbien quasistaatliche Organe getreten. Guerilla und Paramilitärs kämpfen um ihre Einflussgebiete, die Zivilbevölkerung gerät dabei zwischen die Fronten. Und so mussten die Friedensverhandlungen scheitern, denn weder die Guerilleros noch die Paramilitärs, durch den Drogenhandel beide gut bei Kasse, waren zu Zugeständnissen gezwungen.

Pastrana ist also Herr über einen Staat, der in vielen Teilen des Landes nicht mehr existiert. Sein Spielraum ist damit gering. Und sein politischer Wille ist beschränkt. Pastrana hat internationale Konventionen zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnet, sie aber nicht umgesetzt. Nicht weil ihm etwa die Macht dazu gefehlt hätte – er hat es unterlassen, das Militär an die kurze Leine zu nehmen. Unter seiner Präsidentschaft haben sich die Verbindungen zwischen Armee und Paramilitärs verfestigt. Schließlich hat Pastrana von Anfang an eine Doppelstrategie verfolgt: vom Frieden sprechen und den Krieg vorbereiten. Er wollte aus einer Position der Stärke den Frieden verhandeln und ist damit gescheitert. INGO MALCHER