Hilfe von links für Berlusconi

Eine linke Terroristengruppe bekennt sich in mehreren Schreiben zu dem Bombenanschlag in Rom am 10. April dieses Jahres. Das kommt Silvio Berlusconi und seinem Mitte-rechts-Bündnis kurz vor den italienischen Parlamentswahlen gerade recht

aus Rom MICHAEL BRAUN

Großes Aufsehen erregen in Italien Bekennerschreiben, die im ganzen Land gleichzeitig aufgetaucht sind: Gleich in acht Städten von Mailand über Bologna und Rom bis zum sizilianischen Noto hat sich der bisher unbekannte „Kern der proletarisch-revolutionären Initiative“ zu dem Bombenanschlag vom 10. April in Rom bekannt. Die Explosion eines Sprengsatzes vor dem Sitz eines Forschungsinstitutes für internationale Politik mit engen Kontakten zu den USA hatte erheblichen Sachschaden angerichtet. Mit dem jetzt an betriebliche Gewerkschaftsvertretungen verschickten Schreiben stellt sich die „Proletarisch-revolutionäre Initiative“ explizit in eine Reihe mit der linken Terrororganisation „Brigate Rosse“: Schon im Briefkopf taucht der fünfzackige BR-Stern mit den durchgezogenen Linien auf.

Dass der Terror jetzt die Schlagzeilen erobert, liegt aber eher am Wahlkampf für die Parlamentswahlen am 13. Mai als an einem realen Aufschwung der Terroristen. Das Schreiben gibt zwar Präsenz im ganzen Land vor, doch alle Umschläge wurden zentral aus Rom versandt. Kenner sind sich einig, dass die noch aktiven Gruppen nur einige wenige Mitglieder zählen und zudem auch innerhalb der Linken völlig isoliert sind. Dies gilt für die jetzt aufgetretene Organisation genauso wie für die Roten Brigaden selbst, die zuletzt vor zwei Jahren mit dem Mord an Massimo D'Antona, einem gewerkschaftsnahen Berater des Arbeitsministers, in Erscheinung traten.

Politisch kann die Präsenz der Linksterroristen trotzdem von Nutzen sein – für das Mitte-rechts-Bündnis des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Schon vor einigen Tagen hatte er die Absage einer Wahlkampf-Großkundgebung mit nicht näher spezifizierten Drohungen gegen seine Person begründet und zugleich der Mitte-links-Koalition die Verantwortung in die Schuhe geschoben: Ihre „Hasskampagne“ gegen ihn bereite den Mördern der Roten Brigaden den Boden. Zunächst allerdings ging der Wahlkampf-Schachzug daneben, weil Berlusconi sich einen geschmacklosen Schnitzer leistete. Auf die Kritik der Linksdemokraten, das letzte Opfer der Roten Brigaden sei mit Massimo D'Antona immerhin einer der ihren gewesen, entgegnete Berlusconi, dieser Fall gehe ihn nichts an, da es sich bloß „um eine Abrechnung innerhalb der Linken“ gehandelt habe.

Umso willkommener für die Rechten sind da die jetzt aufgetauchten Bekennerschreiben. Sofort gingen zahlreiche Vertreter der Rechtsopposition mit der gleich lautenden Mitteilung an die Öffentlichkeit, dass Berlusconi mit seiner Warnung vor linkem Terror offenbar doch Recht gehabt habe – auch wenn es in den Bekennerbriefen gar nicht um Berlusconi geht. Hier wiederholt sich ein bekanntes Muster: Immer schon liebten es die Roten Brigaden und andere linksterroristische Gruppen, gerade in Vorwahlzeiten in Erscheinung zu treten, und immer schon konnte sich die Rechte über Wahlkampfhilfe freuen.